Wie dauerhaft ist der Preisdruck?

Das bestimmende Thema an den Finanzmärkten sind derzeit zweifellos die heraufziehenden Inflationsgefahren und die möglichen Folgen für die Geldpolitik. Sowohl in den Vereinigten Staaten als auch im Euro-Raum sind die Teuerungsraten der Verbraucherpreise seit Anfang des Jahres kräftig gestiegen, wobei die Entwicklung jenseits des Atlantiks aber noch deutlich dynamischer war. In den USA steht die Inflationsrate aktuell bei 4,2%, im Euro-Raum lediglich bei 1,6%.

 

Ein wesentlicher Faktor, der die Teuerungsraten nach oben treibt, ist in beiden Währungsräumen der “Basiseffekt”. Denn die aktuellen Verbraucherpreise vergleichen sich zur Messung der Inflationsrate mit dem Preisniveau vor einem Jahr. Im Frühjahr 2020 war die Wirtschaft jedoch Corona-bedingt im freien Fall, was sowohl die Finanz- als auch die Rohstoffmärkte mit nach unten zog. Entsprechend kräftig fallen daher aktuell die Veränderungsraten im Vorjahresvergleich aus. Dieser Effekt wird sich schon in den nächsten 2-3 Monaten wieder abschwächen.

 

Dazu kommen jedoch auch Faktoren, deren Dauerhaftigkeit unterschiedlich eingeschätzt werden kann. Dazu zählt die aktuelle Preishausse an den Rohstoffmärkten ebenso wie die Verteuerung von Dienstleistungen, die über längere Zeit Pandemie-bedingt nicht angeboten werden konnten. Während die US-Notenbanker wohl davon ausgehen, dass dieser Preisdruck zumindest für einige Zeit andauern könnte, betont man bei der EZB derzeit die Kurzlebigkeit des Inflationsanstiegs und erwartet bereits für 2022 wieder eine Rückkehr zu den gewohnten Raten unterhalb des eigenen Zielwerts von 2%. Auch wenn beide Notenbanken sich noch Zeit lassen werden: Der erste Zinsschritt in den USA ist sicherlich weniger weit entfernt als im Euro-Raum.

 

-- Dr. Michael Holstein

   


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