Auf der „John Templeton-Skala“ („Bullenmärkte werden im Pessimismus geboren, wachsen im Skeptizismus, reifen im Optimismus und sterben in der Euphorie“) befinden sich die meisten Aktien in der Optimismusphase, einige in der Euphoriephase. Unsere Bedenken sind nicht, dass der Markt zu teuer geworden ist und der Aufschwung im Allgemeinen gefährdet ist. Richtig ist, dass die steigende Inflation ausgewählte Unternehmen mittelfristig belasten könnte. Nicht jedes Unternehmen kann steigende Kosten an die Kunden weitergeben. Es gibt jedoch viele Qualitätsunternehmen mit Preissetzungsmacht, die in einem inflationären Umfeld bestehen können.
In der Vergangenheit gab es nach großen Börsencrashs immer eine reflexartige Erholung von den Tiefstständen, wobei sich zuvor gefallene Aktien aus den Krisensektoren explosionsartig erholten. 2003 waren es Technologiewerte, 2009 Finanzwerte, 2016 Rohstoffwerte und 2020 Fluggesellschaften und Tourismuswerte. Letztlich kommen die besten langfristigen Performer am Aktienmarkt aber von außerhalb dieser Sektoren, aus Branchen, die langfristigen Mehrwert für die Aktionäre schaffen.
Zu diesen Qualitätsunternehmen gehören die „FAANG“-Aktien. Deren Gewinne wachsen schneller als ihre Aktienkurse. Wenn der Markt also nicht weiter steigt, werden die Aktien immer billiger. Das Gleiche gilt für ausgewählte chinesische Internetunternehmen. Auch Unternehmen der Konsumgüter-, Luxusgüter- und Kosmetikindustrie, der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, der Gesundheits- und Körperpflege, der Medizintechnik und auch der Tabakindustrie zeigen sich krisenfest und inflationssicher.
Anleger sind gut beraten, die Marktmeinung, auf zyklische Aktien zu setzen, zunehmend zu hinterfragen. Zweifelsohne werden Unternehmen aus zyklischen Branchen in diesem Jahr die höchsten Gewinnsprünge am Markt machen, aber die Gewinner im neuen Börsenzyklus dürften aus strukturell wachsenden Branchen kommen.
Das Hauptrisiko für die Kursrally besteht darin, dass die Aktien zu teuer werden, wie es zwischen 1998 und 2000 der Fall war. Damals entstand eine der größten Spekulationsblasen der Geschichte, und der Boom wurde nicht durch hohe Bewertungen, sondern durch eine schnelle Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank beendet. Die US-Notenbank hob die Leitzinsen innerhalb kurzer Zeit um 1,75 Prozentpunkte an, was zu einem Crash am Aktienmarkt führte.
Christian Kahler