EZB: PEPP-Ankauftempo im Juni auf dem Prüfstand
Die europäischen Währungshüter haben im Rahmen der heutigen Ratssitzung erwartungsgemäß keine Anpassungen am geldpolitischen Kurs vorgenommen. Die Notenbank-Oberen haben vielmehr ihren Beschluss vom Vormonat bestätigt, wonach das Ankauftempo im Rahmen des PEPP im zweiten Quartal forciert wird. Nach Einschätzung von EZB-Chefin Lagarde benötigt die europäische Wirtschaft weiterhin umfangreiche geldpolitische Unterstützung. So sei der Ausblick für die Wirtschaftsentwicklung nach wie vor mit Unsicherheit behaftet. In diesem Zusammenhang wird auf die stotternde Impfkampagne und die weiter steigenden Corona-Ansteckungszahlen verwiesen. Mit Blick auf die zweite Jahreshälfte bleiben die Währungshüter aber zuversichtlich und rechnen mit einem Aufschwung der europäischen Wirtschaft. Zugleich mahnte Lagarde die europäischen Regierungen mit Blick auf den EU-Aufbaufonds (NGEU) aber weiter zur Eile. So muss nach Ansicht von Lagarde sowohl die Geld- als auch die Fiskalpolitik ihren Beitrag zur Genesung der Wirtschaft leisten. Die Inflation hat zwar zuletzt Auftrieb erfahren, doch sei dies vor allem auf temporäre Faktoren zurückzuführen. Eine Adjustierung des ultra-expansiven geldpolitischen Kurses sei daher gegenwärtig nicht geboten.
Bezüglich des PEPP hat die EZB erneut hervorgehoben, dass dieses nicht gänzlich ausgeschöpft werden muss, aber auch nochmals adjustiert werden kann. Lagarde ist Spekulationen entgegengetreten, wonach bereits im Herbst die Wertpapierkäufe nachhaltig vermindert werden könnten. Sie hob hervor, dass im Rahmen der geldpolitischen Beratungen nicht über ein mögliches Tapering gesprochen wurde. Diese Entscheidung werde nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern vielmehr in Abhängigkeit der Datenlage getroffen. Mit Blick auf das wöchentliche PEPP-Ankauftempo hat Lagarde keine Hinweise darauf geliefert, wie dieses zur Juni-Ratssitzung adjustiert werden könnte. Die Entscheidung werde in Abhängigkeit der überarbeiteten Projektionen zur Konjunktur- und Inflationsentwicklung getroffen. Bis dahin wird aus unserer Sicht bei Renditen und EWU-Spreads nicht viel passieren.
Im Rahmen der Pressekonferenz wurde auch gefragt, ob die EZB im Einklang mit der US-Notenbank eine geldpolitische Wende vollziehen könnte. Lagarde hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die Konjunkturerholung in den beiden Währungsräumen unterschiedlich vorangeschritten ist. Eine Geldpolitik im Tandem mit der Fed sei unwahrscheinlich. Ohnehin gehen wir davon aus, dass die EZB ihre ultra-expansive Geldpolitik noch für geraume Zeit fortsetzt. Eine Entscheidung über ein Tapering der PEPP-Käufe erwarten wir erst gegen Ende des Jahres.
Christian Reicherter