DAX steigt bis Jahresende auf 15.000 Punkte
Die DAX-Unternehmen sind sehr gut durch das Krisenjahr 2020 gekommen. Noch läuft die Berichtssaison zum Abschlussquartal, aber die Umsätze der Unternehmen dürften im vergangenen Jahr nur um vier Prozent gesunken sein. Die Gewinne sollten gegenüber 2019 um 14 Prozent geringer ausgefallen sein. In früheren Rezessionen sanken die Gewinne im Durchschnitt um ein Drittel, also deutlich stärker als im vergangenen Jahr.
Aktienanalysten erwarten, dass die Gewinne im deutschen Leitindex in diesem Jahr um 30 Prozent zulegen und bereits 2022 wieder Rekordgewinne verbuchen werden. Obwohl sich die Gewinnerwartungen der Unternehmen in der Vergangenheit im Nachhinein (fast) immer als zu optimistisch erwiesen haben, liegt diese Einschätzung im Rahmen des Verlaufs früherer Gewinnzyklen an der Börse. In der Regel dauerte es etwa zweieinhalb Jahre, bis die alten Gewinnhochs wieder erreicht wurden. Voraussetzung für eine nachhaltige Erholung bei den Unternehmensgewinnen bleibt ein stabil prognostizierbarer Verlauf der Corona-Pandemie und das damit verbundene Ausmaß der Einschränkungen für jeden Einzelnen. Ein Risiko für die Prognose ist eine deutliche Verschlechterung der Infektionssituation aufgrund von Virusmutationen.
Die gute globale Konjunkturentwicklung 2021/22 sollte auch die DAX-Unternehmen beflügeln. Diese sind exportstärker aufgestellt als das „durchschnittliche“ deutsche Unternehmen. Weil sich nun abzeichnet, dass die Erholung der Gewinne bis 2022 statt, wie bisher von uns prognostiziert, 2022 oder 2023, stattfindet, sollten auch die Aktienkurse schneller profitieren als bisher erwartet. Der zweite Grund, der uns neben der besseren Gewinnentwicklung dazu veranlasst, unsere Börsenprognosen zu revidieren, sind die im Vergleich zum November 2020 verbesserten Aussichten für das politische Umfeld. Brexit und Donald Trump sind nun (endgültig) als „Volatilitätsquellen“ für die Märkte weggefallen, was Anfang November in dieser Deutlichkeit nicht absehbar war, so dass die Politik im Jahr 2022 berechenbarer werden sollte als in den vergangenen vier Jahren.
Wir erhöhen die Indexprognose für den DAX per Jahresende auf 15.000 (zuvor: 14.000) Punkte. Der Euro Stoxx 50 dürfte per 31.12. 3.800 (3.600) Punkte erreichen. Basierend auf den aktuellen Konsensgewinnschätzungen für das Jahr 2023, wären DAX und Euro Stoxx 50 im Falle des Eintretens dieser Prognosen mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen von 13,9 und 14,7 bewertet. Im historischen Vergleich wären die Märkte dann etwas teurer als früher, aber in Anbetracht des generell sehr freundlichen Liquiditäts- und Notenbankumfeld ist diese Prämie auch gerechtfertigt.
Auf dem Weg hin zu neuen Aktienmarkthochs sollten, vor allem wegen des noch unsicheren Ausblicks auf die Weiterentwicklung der Pandemiebekämpfung, die Kurse immer wieder zurücksetzen, bevor es danach weiter bergauf geht. Marktrückschläge kommen häufig vor, und niemand kann sie immer genau vorhersagen. Wir wären nicht überrascht, wenn es nach einem so starken Anstieg zu einem moderaten Rückschlag käme. Nichtsdestotrotz befinden wir uns erst im Beginn eines neuen „Bullenmarktes“, angetrieben durch eine anhaltende wirtschaftliche Erholung, attraktive Aktienbewertungen im Vergleich zu Anleihen und eine über ein Jahrzehnt andauernde Unterinvestition in Aktien im Vergleich zu Anleihen.
Christian Kahler