Japan im Deflationsmodus
Japans Verbraucherpreise sind auf Talfahrt. Im gesamten Endquartal 2020 lagen sie im Minus, im Dezember gab es mit -1,2 Prozent sogar die tiefste Rate seit über zehn Jahren. Dass diese Entwicklung parallel verläuft zu der aktuellen Konjunkturabschwächung, bringt die japanische Notenbank durchaus in die Bredouille, versucht sie doch bereits seit längerem mit ihrer extrem expansiven Geldpolitik das Preisniveau zu stabilisieren.
Hinter der aktuellen Deflationsphase steht gleichwohl eine Reihe von Sondereffekten. Das Wiederaufflammen der Corona-Pandemie hat seit November die private Konsumnachfrage stark gedämpft und die Regierung veranlasst, zum zweiten Mal seit letztem Frühjahr einen nationalen Notstand mit zahlreichen Restriktionen für den Privatsektor auszurufen. Da die Impfkampagne gegen Corona wohl erst Ende Februar anlaufen wird, ist die Verunsicherung bei den Konsumenten derzeit weiterhin groß. Die Preise etwa für Dienstleistungen im “kontaktintensiven“ Kultur- und Freizeitbereich fielen am Jahresende auf -4,0 Prozent (J/J). Zudem hat sich der Ölpreisverfall vom Ende des letzten Jahres in ein beschleunigtes Absinken der Preise für energienahe Versorgungsdienstleistungen übertragen. Sie lagen zuletzt bei-6,1 Prozent (J/J). Auch Lebensmittel wurden deutlich billiger.
Klammert man energienahe Güter und frische Nahrungsmittel dagegen aus und blickt somit auf die „Kernrate“, betrug die Jahresveränderung der Verbraucherpreise im Dezember „nur“ -0,4 Prozent. Aber auch dies ist immerhin die tiefste Rate seit April 2013. Als „Headline“-Inflation ergibt sich für das abgelaufene Gesamtjahr 2020 nun ein Wert von 0,0 Prozent.
Wir erwarten, dass sich schon bald in diesem Jahr die japanischen Teuerungsraten wieder nach oben bewegen. Dafür sollte allein schon der Ölpreisanstieg seit Jahresbeginn sorgen. Aber auch die pandemiebedingte Konsumzurückhaltung sollte sich allmählich abbauen, sobald mit den Impfungen begonnen wird. Schließlich dürften sich mit der Überwindung der Corona-Krise auch und gerade die Preissetzungsspielräume im bisher so gebeutelten Servicesektor deutlich ausweiten.
Dr. Rütger Teuscher
