Insolvenzen sanken 2020 wegen des Insolvenzrechts, aber Forderungsausfälle stiegen
Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sorgt dafür, dass die Insolvenzmeldungen derzeit nicht die wirtschaftliche Entwicklung in der Corona-Krise widerspiegeln. Vielmehr sind die tatsächlichen Insolvenzzahlen stark verzerrt: So sanken die Unternehmensinsolvenzmeldungen von Januar bis Oktober 2020 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 15 Prozent. Im Oktober gaben sie gegenüber dem Vorjahresmonat sogar um fast 32 Prozent nach.
Die Höhe der von den Insolvenzen voraussichtlich betroffenen Forderungen ist dagegen im vergangenen Jahr in die Höhe geschnellt. Im Vergleich zum Vorjahr haben in der Corona-Krise damit tendenziell größere Unternehmen Insolvenz anmelden müssen. Nach Angaben der Creditreform haben sich die Insolvenzen bei Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz über 50 Mio. Euro im Jahr 2020 verdoppelt, bei rückläufiger Gesamtzahl.
Der Forderungsausfall durch Unternehmensinsolvenzen dürfte seit der Finanzkrise im Jahr 2009 nicht mehr so hoch ausgefallen sein wie im vergangenen Jahr. Damit zeigte die Corona-Krise trotz aller staatlicher Hilfen und der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht doch Auswirkungen auf das Insolvenzgeschehen in Deutschland, wenn auch nur indirekt über die Größe der betroffenen Unternehmen. Kleine Unternehmen haben eher die Liquiditätshilfen und die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht in Anspruch genommen als Großunternehmen, die eine Insolvenz eher für eine Neuausrichtung nutzen, etwa über die Insolvenz in Eigenverwaltung.
Die beträchtlichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise werden nach Ende der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und anderer staatlicher Hilfsmaßnahmen zu einer Unternehmensinsolvenzwelle führen. Letztendlich hat die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht neben dem willkommenen Aufschub für in der Krise unter Druck geratene, aber eigentlich solide Unternehmen auch die Zahl der nicht überlebensfähigen sogenannten „Zombie-Unternehmen“ erhöht. Deren Insolvenzmeldung wurde mit dieser Maßnahme nur vor sich hergeschoben.
Der erneut verlängerte zweite Lockdown hat die Situation vieler Unternehmen zudem noch einmal deutlich verschärft, insbesondere für die direkt betroffenen Branchen wie etwa den Einzelhandel mit Bekleidung, Schuhen und Lederwaren oder die Warenhäuser.
-- Dr. Claus Niegsch
