USA: Sturm auf das Capitol
Die gestrigen Bilder in den Nachrichten im Rahmen der formalen Feststellung des US-Wahlergebnisses durch die US-Politiker waren erschreckend. Trumps Anhänger haben das Capitol gestürmt - und damit den Sitz des US-Kongress, der US-Legislative (Gesetzgebung). Die Situation ist schnell eskaliert. Der noch amtierende US-Präsident Trump hat die Protestierenden zu einem friedvollen Handeln aufgerufen. Er hat aber versäumt, diese mit deutlichen Worten zurückzurufen oder sie zu kritisieren. Er bleibt dabei, dass er die Wahl nicht verloren hat. Sein Vize-Präsident, Mike Pence, hat hingegen öffentlich gefordert, dass die Trump-Befürworter das Capitol friedlich verlassen. Der designierte US-Präsident Joe Biden hat Trump dazu aufgerufen, das Wahl-Ergebnis offiziell anzuerkennen. Polizisten und Sicherheitskräfte konnten das Gebäude sichern. Die Sitzung im Kongress wurde fortgesetzt.
Es gibt offensichtlich einen (wahrscheinlich kleinen) Anteil der Bevölkerung, der vor nichts zurückschreckt, auch nicht vor gewalttätigen und bewaffneten Protesten. Ohne Zweifel gilt dies nicht für alle US-Amerikaner. Im Moment ist unklar, ob diese Entwicklung die Stimmung zugunsten von Joe Biden sogar auch unter den Republikanern kippen kann. Deren Fraktion erscheint derzeit sehr zerstritten. Letztlich dürften die jüngsten Ereignisse die Amtseinführung von Joe Biden am 20. Januar nicht verhindern. Der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) und viele verschiedene regionale Gerichte haben die US-Wahl von November für rechtmäßig erklärt. Dennoch dürften die kommenden Wochen für Joe Biden und viele US-Politiker schwierig werden. Dass die beiden Senatssitze in Georgia tatsächlich an die Demokraten gegangen sind, dürfte den Start der Regierung Biden enorm erleichtern. Die wichtigste Aufgabe für die neue US-Regierung aber wird sein, die US-Amerikaner wieder zu vereinen.
-- Birgit Henseler