Deutsche Staatsfinanzen weiter sehr solide

Die Bundesregierung plant für 2021 eine deutlich höhere Neuverschuldung. Lag die Planungsgröße des Bundes für die Neuverschuldung im Oktober noch bei 96 Mrd. Euro, werden nunmehr bereits 180 Mrd. Euro fürs kommende Jahr angepeilt. Die Kritik an der Finanzpolitik der Bundesregierung wurde zuletzt daher immer lauter. Einige Kritiker befürchten sogar, dass die Staatsfinanzen aus dem Ruder laufen und nachfolgende Generationen belastet werden könnten. 

Die Ergebnisse unserer Modellrechnungen zeigen allerdings: Kehrt Deutschland nach der Krise zur alten Politik der moderaten Primärüberschüsse zurück, ist mit einem deutlichen Rückgang der Schuldenstandsquote zu rechnen – bis 2027 könnte sogar das Schuldenstandsniveau von 2019 unterschritten werden. Ein wesentlicher Treiber für die Entwicklung sind die für Deutschland sehr günstigen Refinanzierungsbedingungen. Hierin unterscheiden sich die Rahmenbedingungen der aktuellen Krise deutlich von früheren – beispielsweise während der Finanz- oder der Staatsschuldenkrise. Auch bei moderat steigenden Marktrenditen würden Deutschlands Refinanzierungskosten erst einmal weiter sinken. Nur bei stark steigenden Marktrenditen reichten längerfristig auch moderate Primärüberschüsse nicht aus, damit die Schuldenstandsquote wieder zurückgeht. Angesichts der ultraexpansiven Geldpolitik der EZB, struktureller Einflussfaktoren sowie der hohen Verschuldung der Peripherie-Staaten ist allerdings auf absehbare Zeit kaum mit deutlich steigenden Refinanzierungssätzen zu rechnen.

Dies macht deutlich, dass es bereits ausreichen würde, wenn Deutschland nach der Krise zu einer neutralen Fiskalpolitik zurückkehrte. Befürchtungen, dass nachfolgende Generationen für die aktuelle Krise finanziell aufkommen müssten, greifen daher zu weit. Eine ausgesprochen restriktive Fiskalpolitik mit umfassenden Steuererhöhungen wäre ebenfalls nicht notwendig und könnte sogar kontraproduktiv wirken, da das BIP-Wachstum voraussichtlich negativ beeinflusst würde. Risiken für Deutschlands Staatsfinanzen würden auf Basis der getroffenen Annahmen vor allem dann entstehen, wenn Berlin auch nach der Krise an einer (stark) expansiven Fiskalpolitik festhielte. Anhaltende hohe Primärdefizite würden auch in einem Umfeld sehr günstiger Refinanzierungsbedingungen zu einer weiter steigenden Schuldenstandsquote führen.

-- Daniel Lenz


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