Präsident Erdogan entlässt Zentralbankchef

Die letzten Tage hatten es in sich mit Blick auf die für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Türkei verantwortlichen Personen. Zunächst wurde bekannt, dass Staatspräsident Erdogan seinen Zentralbankchef Uysal per Dekret entlassen hat. Am Sonntagabend verkündete zudem Finanzminister Albayrak, Schwiegersohn Erdogans, seinen Rücktritt. Hintergrund dieser Weichenstellungen war offenbar, dass dem Staatspräsidenten der Lira-Verfall der vergangenen Monate ebenso missfiel wie das Dahinschmelzen der Währungsreserven.

 

Nachfolger Uysals wird Naci Agbal. Der ehemalige Finanzminister gilt zwar laut Medienberichten als investorenfreundlicher Technokrat. Allerdings ist Agbal ein treuer Gefolgsmann des Staatspräsidenten und Zentralbankchef von Erdogans Gnaden. Auch ihm dürfte es nicht gelingen, die ökonomischen Vorstellungen des Präsidenten, wonach ein niedrigerer Leitzins eine niedrigere Inflationsrate nach sich zieht, und die Realität unter einen Hut zu bekommen. Will die türkische Zentralbank die Lira stabilisieren (und auf Kapitalverkehrskontrollen verzichten), dürfte Agbal folglich nichts anderes übrigbleiben, als den offiziellen Leitzins spürbar anzuheben. Seine Hauptaufgabe dürfte folglich vor allem darin bestehen, Präsident Erdogan von der Notwendigkeit derartiger Schritte zu überzeugen.

 

Devisenmarktteilnehmer hoffen auf Besserung

Vonseiten der Devisenmarktteilnehmer erfährt Agbal einige Vorschusslorbeeren. So entfernte sich die Lira heute Morgen von ihren Ende vergangener Woche verzeichneten, historischen Tiefstständen und legte zeitweise immerhin rund 4% zu, obwohl der neue Mann an der Spitze in einem ersten Statement signalisierte, dass er keinen akuten Handlungsbedarf sehe. Zunächst gehe es laut Agbal darum, die aktuelle Lage und die Erwartungen zu untersuchen sowie Entwicklungen zu beobachten. Notwendige geldpolitische Entscheidungen würden auf Basis vorhandener Daten und abschließender Bewertungen erfolgen, so Agbal weiter.

 

Am 19. November steht die nächste turnusmäßige Sitzung der Notenbank auf der Agenda. Bis dahin dürften sich die Marktteilnehmer wohl noch gedulden und dem neuen Zentralbankchef die Chance geben, seine Vorstellungen auf dem Weg hin zu einer stabileren Währung zu erarbeiten. Sollten Agbals Ansätze ohne deutlich höhere Leitzinsen auskommen wollen, dürften die derzeit vorhandenen Vorschusslorbeeren ebenso wie die Geduld der Investoren rasch dahinschwinden und die Lira schnell wieder unter Abgabedruck geraten.

 


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