Weiter Vollgas, aber nicht noch mehr

Die EZB hat wie von uns erwartet ihr Pressestatement und damit auch die Forward Guidance (bis auf fünf Worte) unverändert gelassen. Die Märkte haben entsprechend eher verhalten reagiert. Die Kaufprogramme und Liquiditätsmaßnahmen laufen weiter mit Vollgas. Eine Lachgaseinspritzung für noch mehr PS war auch nicht nötig. Die Wirtschaftsdaten bewegen sich im Bereich des Basisszenarios der EZB, weshalb noch keine Anpassungen der Geldpolitik erforderlich sind. Diese wird sich die EZB in der Hinterhand behalten, sollte die Pandemie für weitere, unvorhergesehene wirtschaftliche Schäden sorgen. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die EZB aber bis Ende des Jahres bei den Kaufprogrammen (PEPP läuft bisher im Sommer 2021 aus) nochmal nachlegen muss, um über den Kreditkanal der auch nächstes Jahr noch schwächelnden Konjunktur weiter unter die Arme zu greifen.
Diese Aussicht bestätigte Lagarde auch in der Pressekonferenz, indem sie die Fortsetzung der aktuellen Geldpolitik aufgrund der hohen Unsicherheiten und Schwächen in der Konjunktur betonte. Dass Lagarde in ihrer Einschätzung erstmals seit Januar 2018 wieder den Euro und seinen Effekt auf die Geldpolitik ins Spiel brachte war so konkret nicht erwartet worden. Die Äußerung aus den Reihen der EZB, dass es aber keinen Grund gäbe, zu überreagieren, besänftigte die Märkte aber.
Die neuen Projektionen zu Wachstum und Inflation waren kaum verändert worden, eher mit Anpassungen auf der Nachkommastelle. Grundsätzlich signalisiert die EZB damit, dass sie die Märkte noch lange mit Liquiditätsmedikamenten versorgen wird, aber basierend auf diesem Ausblick auch keine stärkere Dosis nötig ist. Hier hat sie auch auf die Fiskalprogramme der EU-Staaten verwiesen, die sie sogar explizit feiert. Vielleicht auch vor dem Hintergrund, dass der EZB der Rohstoff für die Staatsanleihekäufe nicht ausgeht.
Bezüglich der jüngsten Inflationszielanpassung der Fed und ob dies Einfluss auf die laufende Überprüfung der EZB-Geldpolitik habe, verwies Lagarde wie erwartet auf die noch laufenden Untersuchungen, sagte aber auch, dass zu erwarten wäre, dass es um das Inflationsziel als zentrale Größe für die Geldpolitik gehen werde. Angesichts der vielen strukturellen Faktoren, die die Inflation niedrig halten, ist es nicht überraschend, dass die EZB wohl auf eine grundsätzlich expansivere Geldpolitik schwenken wird – wenn das überhaupt noch geht.

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