10.09.2020
Brexit: Johnson auf Kollisionskurs mit der EU
Die 8. Verhandlungsrunde zwischen der EU und Großbritannien über das geplante Freihandelsabkommen (FTA) wird morgen zu Ende gehen. Seit Ende Februar wird bereits verhandelt, bislang aber ohne Erfolg. Und auch diese Verhandlungsrunde dürfte nicht anders verlaufen. Anstatt sich aufeinander zuzubewegen, scheinen die Verhandlungsparteien immer weiter auseinander zu driften. Premierminister Boris Johnson hat nun auch eine harte Frist für den EU-Gipfel am 15. Oktober gesetzt. Sollte die Grundstruktur eines Abkommens bis dahin nicht stehen, will er sein Land auf einen harten Brexit vorbereiten.
Potenziell noch problematischer als diese Frist ist ein neuer Gesetzesentwurf, der gestern im Parlament vorgestellt wurde. Das Binnenmarktgesetz (Internal Market Bill) legt die Pläne der Regierung für einen reibungslosen Handel innerhalb Großbritanniens nach dem Brexit bzw. nach dem Ablauf der Übergangsfrist Ende dieses Jahres dar. Entscheidend ist, dass der Gesetzentwurf Bestimmungen enthält, die direkt gegen die Grundlagen des „irischen Protokolls“ verstoßen. Letzteres war Teil des zu Beginn des Jahres von der EU und Großbritannien unterzeichneten Austrittsabkommens und regelt die Zollbestimmungen auf der irischen Insel. Das irische Protokoll sieht vor, dass es keine Zollgrenze zwischen Nordirland und der Republik Irland geben wird, selbst wenn die laufenden Verhandlungen über ein Handelsabkommen nicht zum Erfolg führen sollten. Stattdessen würden Waren, die aus dem Rest Großbritanniens oder anderer nicht-EU-Länder kommen, direkt bei der Einfuhr nach Nordirland verzollt. Damit sollte sichergestellt werden, dass Waren, die nach Nordirland gelangen, den Regeln und Vorschriften der EU entsprechen. Darüber hinaus sieht das irische Protokoll vor, dass das Vereinigte Königreich Brüssel über alle Entscheidungen über staatliche Beihilfen informieren muss, die Nordirland betreffen. Der Gesetzentwurf für den Binnenmarkt droht nun, diese beiden Bestimmungen direkt zu untergraben. Selbst Mitglieder des Kabinetts von Boris Johnson gestehen ein, dass mit einer Unterzeichnung des Binnenmarktgesetztes möglicherweise internationales Recht gebrochen würde. Dies, so ein Minister, sei jedoch vertretbar, da es die Aufgabe der Regierung sei, das Wohl des eigenen Volkes in den Vordergrund zu stellen.
Die Brexit-Verhandlungen waren von Anfang an ein Pokerspiel mit hohen Einsätzen. Jedoch stellt sich nun die Frage, ob die allgemeine Grundannahme, dass die britische Regierung letztlich eine Einigung mit der EU anstrebt und nur mit harten Bandagen vorgeht, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, weiterhin gilt.
Ich rechne weiterhin damit, dass die Verhandlungen erfolgreich beendet werden. Wenn auch die Corona-Krise den politischen Schaden eines Scheiterns verringert, da die wirtschaftlichen Konsequenzen nicht so stark auffallen würden. Es ist aber schon überraschend, dass Boris Johnson und seine Kabinettskollegen mit dem Binnenmarktgesetz eine politische Diskreditierung in Kauf nehmen. Mit dem Gesetz geht ein offensichtlicher Vertragsbruch einher, der die britische Regierung für zukünftigen internationalen Verhandlungen als unglaubwürdigen und nicht verlässlichen Verhandlungspartner entlarven würde.
Potenziell noch problematischer als diese Frist ist ein neuer Gesetzesentwurf, der gestern im Parlament vorgestellt wurde. Das Binnenmarktgesetz (Internal Market Bill) legt die Pläne der Regierung für einen reibungslosen Handel innerhalb Großbritanniens nach dem Brexit bzw. nach dem Ablauf der Übergangsfrist Ende dieses Jahres dar. Entscheidend ist, dass der Gesetzentwurf Bestimmungen enthält, die direkt gegen die Grundlagen des „irischen Protokolls“ verstoßen. Letzteres war Teil des zu Beginn des Jahres von der EU und Großbritannien unterzeichneten Austrittsabkommens und regelt die Zollbestimmungen auf der irischen Insel. Das irische Protokoll sieht vor, dass es keine Zollgrenze zwischen Nordirland und der Republik Irland geben wird, selbst wenn die laufenden Verhandlungen über ein Handelsabkommen nicht zum Erfolg führen sollten. Stattdessen würden Waren, die aus dem Rest Großbritanniens oder anderer nicht-EU-Länder kommen, direkt bei der Einfuhr nach Nordirland verzollt. Damit sollte sichergestellt werden, dass Waren, die nach Nordirland gelangen, den Regeln und Vorschriften der EU entsprechen. Darüber hinaus sieht das irische Protokoll vor, dass das Vereinigte Königreich Brüssel über alle Entscheidungen über staatliche Beihilfen informieren muss, die Nordirland betreffen. Der Gesetzentwurf für den Binnenmarkt droht nun, diese beiden Bestimmungen direkt zu untergraben. Selbst Mitglieder des Kabinetts von Boris Johnson gestehen ein, dass mit einer Unterzeichnung des Binnenmarktgesetztes möglicherweise internationales Recht gebrochen würde. Dies, so ein Minister, sei jedoch vertretbar, da es die Aufgabe der Regierung sei, das Wohl des eigenen Volkes in den Vordergrund zu stellen.
Die Brexit-Verhandlungen waren von Anfang an ein Pokerspiel mit hohen Einsätzen. Jedoch stellt sich nun die Frage, ob die allgemeine Grundannahme, dass die britische Regierung letztlich eine Einigung mit der EU anstrebt und nur mit harten Bandagen vorgeht, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, weiterhin gilt.
Ich rechne weiterhin damit, dass die Verhandlungen erfolgreich beendet werden. Wenn auch die Corona-Krise den politischen Schaden eines Scheiterns verringert, da die wirtschaftlichen Konsequenzen nicht so stark auffallen würden. Es ist aber schon überraschend, dass Boris Johnson und seine Kabinettskollegen mit dem Binnenmarktgesetz eine politische Diskreditierung in Kauf nehmen. Mit dem Gesetz geht ein offensichtlicher Vertragsbruch einher, der die britische Regierung für zukünftigen internationalen Verhandlungen als unglaubwürdigen und nicht verlässlichen Verhandlungspartner entlarven würde.
10.09.2020