Also doch eine V-förmige Erholung?
Die Indikatoren der Woche: Der ifo-Geschäftsklimaindex ist im Juni so stark angestiegen wie nie zuvor, und die Stimmung unter den Einkaufsmanagern in der Industrie hat sich kräftig erholt und war zuletzt schon wieder besser als im vierten Quartal 2019. Angesichts der immer noch schwierigen Situation von Unternehmen in vielen Branchen überraschen diese Meldungen. Können wir also doch mit einer schnellen V-förmigen Wirtschaftserholung rechnen? Der Anstieg der Geschäftstätigkeit würde ähnlich schnell erfolgen wie der Einbruch in März und April – die schnelle Kurserholung an den Aktienmärkten wäre hierfür ein guter Vorbote gewesen.
Doch es gibt einige Gründe, warum sich der rasche Anstieg der Stimmungsindikatoren nicht in eine entsprechende Erholung der Realwirtschaft übersetzen wird. Zum einen bedeutet ein Einkaufsmanagerindex im Bereich von 50 Punkten nicht, dass sich die Wirtschaft wieder im "Normalzustand" befindet. Er zeigt lediglich an, dass im Vergleich zum Vormonat keine weitere Verschlechterung eingetreten ist. Und der starke Anstieg beim ifo-Index beruht vor allem auf den Erwartungen für die kommenden sechs Monate: Dass die Unternehmen hier eine Verbesserung gegenüber der trüben Gegenwart erwarten, ist allzu verständlich. Darüber hinaus zeigen die ifo-Ergebnisse auch, dass die Firmen den Ausblick als extrem unsicher wahrnehmen.
Man kann also bei der konjunkturellen Lageeinschätzung gegenwärtig nicht auf die gewohnte, enge Korrelation von Stimmungsindikatoren und Realwirtschaft zurückgreifen. Der starke Anstieg der Klimakennzahlen würde die Analyse zum Positiven verzerren. Die Erholung aus der Krise kann nur schrittweise erfolgen, und der Weg zurück zur wirtschaftlichen Normalität wird lang sein.