Konjunkturpakt in Deutschland setzt die richtigen Akzente
Das neue Konjunkturpaket der großen Koalition stellt angesichts der unterschiedlichen Positionen sowohl zwischen und auch innerhalb der einzelnen Parteien alles in allem einen guten Kompromiss dar. Dass man sich nicht auf die „Abwrackprämie 2.0“ eingelassen hat und stattdessen auf eine befristete Mehrwertsteuersenkung setzt, ist die richtige Entscheidung. Nicht der Lobbyismus hat sich hier durchgesetzt, sondern die ökonomische Vernunft. Mit dieser Maßnahme werden sämtliche größeren Anschaffungen unterstützt, natürlich auch der Kauf von Autos. Aber es wird eben nicht eine Branche bevorzugt behandelt. Es ist eine einfache und schnell wirkende Maßnahme, die zudem noch einen gewünschten Verteilungseffekt hat. Denn die Belastung durch die Verbrauchssteuern ist für die Haushalte mit niedrigeren Einkommen am höchsten.
Auch die verschiedenen steuerlichen Maßnahmen zugunsten der Unternehmen sind zu begrüßen. Unter anderem wurden die Möglichkeiten des steuerlichen Verlustrücktrags und die Abschreibungsmöglichkeiten erweitert. Die Senkung der EEG-Umlage auf den Strompreis ab 2021 hilft Unternehmen und Haushalten. Auch das ist ein gutes Signal, ebenso wie die Entlastung für die Kommunen bei den Gewerbesteuerausfällen.
Dass man von dem schon vorher versprochenen „Kinderbonus“ nicht mehr herunterkam, war zu befürchten. Das ist die vielzitierte Gießkanne, der Effekt auf den Konsum wird zu vernachlässigen sein. Hier wäre eine gezieltere Hilfe für bedürftige Haushalte besser gewesen, aber das ließ sich wohl in der Kürze der Zeit nicht umsetzen.
Insgesamt sollte man das Programm aus ökonomischer Sicht also begrüßen. Es hat mit knapp 4 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt ein erhebliches Volumen und sollte einen spürbaren Schub für die Konjunktur bringen. Das bedeutet, dass wir auch unsere Konjunkturprognose für Deutschland anpassen. Bislang waren wir zwar auch schon von einer konjunkturellen Stimulierung ausgegangen, schließlich war sie von der Bundesregierung ja bereits seit dem Frühjahr in Aussicht gestellt worden. Das nun vorgestellte Konjunkturpaket übertrifft unsere Erwartungen allerdings, so dass wir unsere Wachstumsprognose für Deutschland anheben werden. Der zusätzliche Impuls für das Bruttoinlandsprodukt beträgt für das Jahr 2020 ungefähr ¾ Prozentpunkte, für 2021 rund ¼ Prozentpunkt.
Der private Konsum wird in der zweiten Jahreshälfte 2020 durch die niedrigere Verbrauchssteuer stimuliert. Größere Anschaffungen werden getätigt werden, sicherlich zum Teil auch vorgezogen aus dem Jahr 2021. Daher wird es im ersten Quartal des nächsten Jahres einen gewissen Rückprall geben. Der Nettoeffekt der Mehrwertsteuersenkung dürfte jedoch eindeutig positiv ausfallen und könnte den privaten Konsum um rund einen Prozentpunkt höher ausfallen lassen.
Durch die erwarteten Preissenkungen wird auch die Inflationsrate in der zweiten Jahreshälfte sinken. Sie wird sich ab Juli vermutlich zwischen -1 und -2 Prozent bewegen, im zweiten Halbjahr 2021 aber aufgrund des Basiseffektes auch entsprechend höher liegen (zwischen 2,5 und 3,5 Prozent).
Die Investitionsausgaben von Unternehmen und Staat werden aufgrund der steuerlichen Maßnahmen und der Zuschüsse zu den kommunalen Investitionen ebenfalls höher ausfallen als bislang veranschlagt. Sowohl Ausrüstungs- als auch Bauinvestitionen dürften vor allem 2021 profitieren. Insgesamt gehen wir für das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr von einem Minus von 5,9 Prozent aus (vorher -6,6 Prozent), für 2021 erwarten wir eine Zuwachsrate von 5,1 Prozent (vorher 4,8 Prozent).