Konjunkturpaket: Mehr ist nicht immer besser

Die Spitzen der Koalition sitzen im Kanzleramt zusammen und diskutieren über das neue Konjunkturpaket der Bundesregierung. Dass es kommen wird, ist klar. Auch dass es ein Volumen von 80 bis 100 Mrd. Euro haben wird, ist wohl nicht mehr strittig. Denn viel hilft viel, darüber ist man sich einig. Aber offenbar noch nicht über das „Kleingedruckte“, also wofür das viele Geld ausgegeben werden soll.

Im Vorfeld des Treffens sind die Positionen schon abgesteckt worden. Der Bundesfinanzminister hat seine Präferenzen ebenso publik gemacht wie der Wirtschaftsminister, eine Reihe von Ministerpräsidenten, die SPD-Parteispitze sowie zahlreiche Abgeordnete aus der SPD- und der Unionsfraktion. Die Wunschliste ist also so lang, dass eine Einigung noch heute unwahrscheinlich geworden ist. Sie reicht von Familienzuschlägen, einem verlängerten und aufgestockten Kurzarbeitergeld über verschiedene Steuersenkungen und Abschreibungserleichterungen sowie Investitionsprogramme und Entschuldung für finanzschwache Kommunen bis hin zur Abwrackprämie 2.0.

Aus früheren konjunkturpolitischen Notmaßnahmen lassen sich immerhin einige Lehren für die heutige Debatte ziehen: Die Programme wirken dann am besten, wenn sie an der richtigen Stelle ansetzen, wenn sie schnell umsetzbar sind, und wenn sie sonstigen wirtschaftspolitischen Zielen nicht widersprechen.

Damit fällt eigentlich schon eine ganze Reihe von aktuellen Vorschlägen weg: So setzen etwa die Familienzuschläge (einmal 300 Euro oder 600 pro Familie mit Kindern) nicht an der richtigen Stelle an. Denn an der Kaufkraft der Familien hapert es momentan in den meisten Fällen nicht. Vielmehr dürfte die Sparquote ohnehin kräftig ansteigen. Das zusätzliche Geld würde zum überwiegenden Teil auch gespart werden, sein konjunktureller Effekt wäre also zu vernachlässigen.

Schnell umsetzbar ist ein staatliches Investitionsprogramm nicht, so sinnvoll es auch an vielen Stellen sein mag. Es taugt damit auch nicht für ein Konjunkturprogramm. Und den sonstigen wirtschaftspolitischen Zielen würde es sowohl widersprechen, wenn man die Konsumenten zum Kauf eines Autos mit Verbrennungsmotor animiert, wenn gleichzeitig klar ist, dass diese Technik keine größere Zukunft hat. Es ist auch nicht zielführend, diejenigen Kommunen am stärksten zu unterstützen, die in der Vergangenheit die schlechteste Finanzentwicklung aufweisen.

Vielmehr würden die genannten Kriterien der Treffsicherheit, der schnellen Umsetzbarkeit und wirtschaftspolitischen Zielkonformität die folgenden Vorschläge unterstützen: Eine (befristete) Senkung der Mehrwertsteuer zur Anregung des Konsums, verbesserte Abschreibungsbedingungen sowie erleichterte steuerliche Verlustrücktragsmöglichkeiten für Unternehmen, ein Umbau der Kommunalfinanzierung über eine höhere Bundesbeteiligung an den Harzt IV-Kosten, höhere Zuschüsse für ohnehin anstehende kommunale Investitionen und weniger Abhängigkeit von der Gewerbesteuer.

Um die in der Krise besonders belasteten Familien zu unterstützen, kann man etwa an eine gezielte, aber auch bedarfsabhängige Verbesserung der Computerausstattung der Haushalte denken. Denn die Zeit des digitalen Schulunterrichts dürfte erst am Anfang stehen, und eine schlechte technische Ausstattung der Kinder kann langanhaltende Folgen haben. Hier wären die Mittel sinnvoll und schnell investiert.

 


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