Ölpreis und Pandemie drücken die Inflationsrate in der EWU – Die Aussagekraft ist derzeit aber begrenzt
Die Inflation im Euro-Raum hat sich im Mai wegen des Ölpreisverfalls, aber auch wegen der Corona-Krise noch einmal deutlich abgeschwächt. Auch auf Länderebene konnte sich die Verbraucherpreisentwicklung dem Druck nach unten nicht entziehen. Der harmonisierte Verbraucherpreiseindex (HVPI) in der Währungsunion sank von 0,3 auf 0,1 Prozent und nähert sich damit der Nulllinie an.
Im Warenkorb der Verbraucher verbilligte sich maßgeblich Energie. Kein Wunder angesichts des im Vergleich zum Vorjahr deutlich niedrigeren Ölpreises. Aber auch der Preisdruck bei anderen Gütern ließ nach. Dies spiegelt die durch die Lockdown-Maßnahmen geschwächte Nachfrage wider, die den Anbietern kaum Spielraum für Preiserhöhungen lässt.
Allerdings bleiben Fragezeichen bezüglich der Validität der Preisdaten. Denn zum einen waren viele Bereiche durch den Lockdown praktisch vollkommen stillgelegt. Die Messung der Verbraucherpreise in diesen Bereichen ist seit März mit hoher Unsicherheit belegt. In Frankreich wurden im Mai beispielsweise noch rund 45 Prozent der relevanten Daten nicht erhoben und konnten nur unter bestimmten Annahmen fortgeschrieben werden. In Deutschland lag der Anteil dagegen nur bei 12 und in der EWU insgesamt bei 22 Prozent. Dies wird sich in den kommenden Monaten wieder etwas verbessern.
Zum anderen dürften aber die Unsicherheit und die Restriktionen bei den Verbrauchern auch für Änderungen beim Konsumverhalten gesorgt haben, die der statistisch festgelegte Warenkorb (noch) nicht erfassen kann. Somit steigt die Gefahr falscher Preissignale.
Insgesamt sinkt die Inflationsrate also weiter, die Gefahr einer deflationären Entwicklung sehen wir aber nicht. Dennoch wird diese Frage die Marktbeobachter in den kommenden Monaten sicherlich stark beschäftigen. Bei ihrer Beantwortung kann die Inflationsrate aufgrund ihrer eingeschränkten Aussagekraft derzeit aber nur begrenzt helfen.