Die fetten Jahre sind vorbei
Seit dem Jahr 2014 konnten die deutschen Finanzminister stets Haushaltsüberschüsse vermelden. Insgesamt sind im bundesstaatlichen Gesamthaushalt über die vergangenen sechs Jahre mehr als 200 Mrd. Euro zusammengekommen, die zur Schuldentilgung eingesetzt werden konnten oder in die Rücklagen für die Bewältigung der Flüchtlingskrise geflossen sind. Doch damit ist es nun vorbei, wie spätestens die aktuelle Steuerschätzung deutlich macht.
Allein in diesem Jahr werden dem Staatshaushalt im Vergleich zu den Prognosen aus der Vor-Corona-Zeit rund 100 Mrd. Euro an Steuereinnahmen fehlen. Gleichzeitig fallen hohe zusätzliche Ausgaben zur Krisenbewältigung an. Deutschland wird 2020 also auf allen staatlichen Ebenen hohe Defizite aufweisen und vermutlich in nur einem Jahr deutlich mehr neue Schulden machen müssen, als in den sechs Jahren zuvor aufgespart werden konnte.
Dabei sind die neuen Schulden unvermeidbar, und man sollte nicht versuchen, dagegen anzusparen. Ökonomen sprechen von „automatischen Stabilisatoren“, die in guten Zeiten die Wirtschaft vor einer Überhitzung bewahren, in schlechten Zeiten aber den Einbruch zumindest abfedern können. Dazu zählen prozyklische Steuern wie die Einkommens- und Gewerbesteuer, aber auch das Arbeitslosen- und das Kurzarbeitergeld. Zusätzlich werden sicherlich noch Ankurbelungsmaßnahmen in Form eines Konjunkturpakets hinzukommen, die das „Wiederhochfahren“ der Wirtschaft nach dem Lockdown unterstützen sollen.
Steuererhöhungen, oder auch nur ihre Ankündigung, wären zum jetzigen Zeitpunkt absolut kontraproduktiv. Der deutsche Staat kann sich – glücklicherweise – auch in Krisenzeiten darauf verlassen, sich stets am Kapitalmarkt refinanzieren zu können. Derzeit übrigens zu außergewöhnlich günstigen Konditionen.
Allerdings sollte auch nicht vergessen werden, dass Schulden stets eine Hypothek für die Zukunft darstellen und von zukünftigen Generationen refinanziert und zurückgezahlt werden müssen. Die Zinsen werden nicht ewig so tief sein wie jetzt. Insofern gilt: Auch in der Rezession maßhalten, und zusätzliche Ausgaben daraufhin abklopfen, welchen Nutzen sie in der Krisenbekämpfung und auch längerfristig stiften können.