Europa und EZB am Limit

Die Wirtschaft im Euro-Raum stürzt in die mit Abstand tiefste Krise seit der Einführung der Gemeinschaftswährung. Die EU-Kommission spricht in ihrer aktuellen Frühjahrsprognose sogar davon, dass Europa 2020 einen ökonomischen Schock erlebt, wie es ihn seit der großen Depression nicht mehr gegeben hat. In der Eurozone dürfte die Wirtschaftsleistung dieses Jahr demnach um 7,7 Prozent schrumpfen. Für 2021 wird zwar eine deutliche Erholung vorhergesagt, doch wird sie den großen Einbruch nicht wettmachen können.

Nach unseren aktualisierten Prognosen dürfte es in diesem Jahr sogar noch kräftiger nach unten gehen. Wir gehen von einem Minus von gut neun Prozent für den Euro-Raum aus. Ob sich dann eine schnelle Erholung anschließt, ist noch alles andere als ausgemacht. Auch wenn EU-Kommission, die nationalen Regierungen und die Europäische Zentralbank alles in ihrer Macht Stehende dafür tun.

Durch ein Urteil aus Karlsruhe ist die EZB in dieser Woche noch zusätzlich unter Druck geraten. Das Bundesverfassungsgericht hat einer Beschwerde gegen das Ankaufprogramm für Staatsanleihen (PSPP) in Teilen stattgegeben. Das Gericht mahnt vor allem die fehlende Prüfung der Verhältnismäßigkeit der gewählten Mittel an und stellt sich damit auch gegen die Entscheidung des EuGH, der das PSPP für zulässig erklärt hatte. Das BVerfG gibt der EZB drei Monate Zeit, die Verhältnismäßigkeit der gewählten Mittel nachvollziehbar gegenüber der Öffentlichkeit zu begründen. Auch wenn die Finanzmärkte kaum auf dieses Urteil reagiert haben, könnte es sich auf lange Sicht noch zu einer Belastung für die Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit der EZB entwickeln.


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