Schnellschätzung Bruttoinlandsprodukt - Wirtschaft im Euro-Raum geht ungebremst auf Talfahrt

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie in Europa schlagen sich nun auch in den harten Daten nieder und übertreffen sogar die schlimmsten Befürchtungen. Im ersten Quartal 2020 ist die Wirtschaftsleistung im Euro-Währungsgebiet um 3,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal gesunken. Einen so starken Rückgang hat es in der Geschichte des Euro-Raums noch nicht gegeben.

Auch die Zahlen aus den Ländern, die ebenfalls schon eine erste Berechnung für die Einbußen im ersten Vierteljahr vorgelegt haben, sind ernüchternd. In allen Ländern ist die Wirtschaftsleistung gesunken, und das mehr als deutlich. Die Rückgänge aus der Finanzkrise der Jahre 2008/2009 wurden dabei ohne weiteres unterschritten. In Frankreich ging das Bruttoinlandsprodukt um 5,8 Prozent zurück, in Spanien um 5,2 Prozent, in Italien um 4,7 Prozent, in Belgien um 3,5 Prozent und in Österreich um 2,5 Prozent.

Aus dem jetzt vorliegenden Datenkranz zur EWU und den großen Ländern kann man für die deutsche Volkswirtschaft – sofern keine deutlichen Revisionen erfolgen – ebenfalls von einem kräftigen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um rund 3 Prozent im ersten Quartal ausgehen. Erste Zahlen wird das Statistische Bundesamt am 15. Mai veröffentlichen.

Detailinformationen aus den Ländern zeigen, dass fast alle Nachfragekomponenten rückläufig waren. Am stärksten fielen die Investitionen gefolgt von den privaten Konsumausgaben. Exporte und Importe sanken in ähnlichem Ausmaß. Eine Ausnahme bildete der Staatskonsum, der fast in allen Ländern leicht zulegte und somit den Rückgang des BIP zumindest etwas bremste.

Da die statistische Erhebung der Daten unter den schwierigen Bedingungen der Ausgangsbeschränkungen erfolgen musste, sind selbst die jetzt gemeldeten Ergebnisse mit hoher Unsicherheit behaftet. Ein noch tieferer Rückgang ist aufgrund von Revisionen bei späteren Meldungen nicht auszuschließen.

Für das zweite Quartal ist für den Euro-Raum sogar noch mit einem stärkeren Rückgang des Bruttoinlandsprodukts zu rechen. Der Lockdown wurde in den meisten Ländern erst ab Mitte März umgesetzt und hat dementsprechend „nur“ etwa einen halben Monat die Wirtschaft abgewürgt. Im zweiten Quartal ist jedoch der gesamte April von den Ausgangs- und Produktionsbeschränkungen betroffen. Teilweise werden die Beschränkungen erst ab Mitte Mai gelockert. Daher werden die Einbußen dementsprechend umso größer ausfallen. Und da aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr nicht mit einer vollständigen Aufhebung des Lockdowns zu rechnen ist, dürfte der Nachholeffekt im Rest des zweiten Quartals nur sehr gedämpft ausfallen. Wir müssen uns also auf weitere Horrormeldungen zum Wirtschaftswachstum für das zweite Quartal einstellen.


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