Belastet die Corona-Pandemie die Versorgungssicherheit bei Lebensmitteln?
Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln genießt auch in Zeiten der Corona-Pandemie höchste Priorität. Für manche Güter des täglichen Bedarfs werden die Liederketten derzeit jedoch auf eine harte Probe gestellt. Erstreckten sich die Lieferschwierigkeiten zunächst vor allem auf Produkte wie Desinfektionsmittel, Hygieneartikel und Schutzmasken, waren recht bald auch Lebensmittel betroffen. Hamsterkäufe sind dabei aber nur eine Ursache für die gestiegene Nachfrage.
Mittlerweile ist die Einreise ausländischer Saisonarbeitskräften nach Deutschland weitgehend verboten. Falls dies länger aufrechterhalten bleiben sollte, trifft es viele landwirtschaftliche Betriebe mit voller Härte und das zu einer Unzeit. Eigentlich müsste in den nächsten Wochen das Gemüse gepflanzt oder ausgesät werden. Wenn dies jetzt nicht geschieht, fällt die entsprechende Ernte aus. Von den Saisonarbeitskräften besonders abhängig sind Obst-, Gemüse- und Weinbaubetriebe. Gerade in diesen Segmenten ist der Selbstversorgungsgrad aber relativ niedrig.
Deutschland ist auf die Einfuhr von Lebensmitteln angewiesen. Im vergangenen Jahr machten Importe von lebenden Tieren und Nahrungsmitteln fast 66 Mrd. Euro aus, immerhin rund 28 Prozent vom Gesamtumsatz von Landwirtschaft und Ernährungsgewerbe. Die Einfuhren kommen vor allem aus den Niederlanden und Polen, aber auch aus den von der Krise besonders getroffenen südeuropäischen Euroländern. Quarantänemaßnahmen und Produktionsstilllegungen dürften zu geringeren Lieferungen aus diesen Ländern führen. Angesichts des knapperen Angebots sind steigende Preise zu erwarten.
Die aus Covid-19 resultierenden Preissteigerungen bei Lebensmitteln werden sich auch in der deutschen Inflationsrate niederschlagen. Die betrachteten Nahrungsmittel haben im Warenkorb ein Gewicht von rund 8,5 Prozent. Selbst unter der Annahme, dass sich der aktuell zu beobachtende Trend noch fortsetzt, würde die Inflationsrate in Deutschland dadurch vorübergehend nur um etwa 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte ansteigen. Demgegenüber dürften allein die Energiepreise vor dem Hintergrund des Ölpreisverfalls eine inflationssenkende Wirkung in der Größenordnung von mindestens 0,5 Prozentpunkten haben. Ein Nahrungsmittel-induzierter Anstieg der Inflationsrate ist damit insgesamt höchst unwahrscheinlich.
Die Vielfalt und auch die Auswahlmöglichkeit bei Obst und Gemüse, aber auch bei anderen Lebensmitteln, dürften in diesem Jahr bei weitem nicht das Niveau der vergangenen Jahre aufweisen. Die Nahrungsmittelversorgung bleibt sicher, auch wenn die Angebotsvielfalt abnehmen könnte. Letztendlich werden wir lernen müssen, in gewisser Weise bei unserer Ernährung umzudenken und flexibler zu werden. In den nächsten Monaten wird vielleicht häufiger nicht das eigentlich geplante Rezept den Einkauf vorgeben, sondern der Einkauf bestimmt das Rezept.