Corona-Virus und Zentralbanken

Die Dynamik der Ansteckungen durch das Corona-Virus scheint etwas nachzulassen, was zu einer entspannung an den Finanzmärkten beiträgt. Jedoch sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der Grippe-Welle in China noch nicht abschätzbar. Da überrascht es nicht, dass die Zentralbanken sich und die Märkte auf eine wirtschaftliche Abkühlung in Q1 2020 vorbereiten.

So hat Fed-Chef Powell seine erste diesjährige Anhörung vor dem Finanzausschuss des Repräsentantenhauses genutzt auf möglichen Gefahren hinzuweisen. Laut US-Notenbank könnte es potenzielle negative Auswirkungen auf die US-Wirtschaft geben. Für Powell sei es jedoch wichtig, ob diese nachhaltig und dauerhaft seien. Bei einer temporären Abkühlung muss die Fed wohl nicht mit einer Zinssenkung reagieren. Nur bei einer nachhaltigen und länger andauernden Beeinträchtigung des Wachstumsausblicks dürfte die Fed handeln. Ähnliches gilt sicherlich auch für die EZB. Jedoch im Euroraum kommt erschwerend hinzu, dass mit Italien und Deutschland bereits jetzt zwei große Länder nur ein sehr schwaches Wachstum aufweisen. Somit ist die Rezessionsgefahr hier deutlich größer als in den USA. Entsprechend kurz wird die Zündschnur bei der EZB auch sein. Obwohl die EZB einen deutlich eingeschränkten Handlungsrahmen hat.

Das generelle Problem dabei ist, dass man zur Beginn der Abkühlung nicht genau weiß, ob die konjunkturflaute dauerhaft sein wird. Entsprechend vorsichtig werden die Zentralbanken in den kommenden Wochen agieren und die Finanzmärkte werden zumindest latent geldpolitische Lockerungen erwarten. Die Folgen kann man aktuelle bereits bei den Aktienmärkten verfolgen.

Noch ein wenig Hauskeeping EZB Personal
Zum Jahresbeginn hat sich die personelle Besetzung des EZB-Direktoriums verändert. Isabel Schnabel und Fabio Panetta haben die im Gremium vakanten Stellen im Rat besetzt. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass Isabel Schnabel unter anderem die Anleihekäufe im Rahmen des APP verantwortet. Da der Spielraum der klassischen Geldpolitik bereits ausgereizt wurde, hat dieses Ressort in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Schnabel steht damit vor der Herausforderung als Ressortleiterin der insbesondere von deutscher Seite geäußerten Kritik gegenüber den Anleihekäufen entgegenzutreten. Durch die jüngsten personellen Veränderungen ist unserer Ansicht nach das Taubenlager weiter gestärkt worden. Durch das Ausscheiden von Sabine Lautenschläger fehlt im obersten Führungsgremium nunmehr eine mahnende Stimme gegenüber einer allzu lockeren Geldpolitik.

Geldpolitische Strategie auf dem Prüfstand – Anpassung Inflationsziel heikel
Die europäischen Währungshüter haben jüngsten einen Prozess zur Überarbeitung des geldpolitischen Handlungsrahmens gestartet. Unter anderem sollen die Nebenwirkungen des bislang eingesetzten geldpolitischen Instrumentariums untersucht werden. Darüber hinaus sucht die EZB nach Möglichkeiten, ihre Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit verständlicher zu gestalten. In Anbetracht der anhaltenden Verfehlung des Inflationsziels steht vor allem dessen Definition „von unter, aber nahe zwei Prozent“ auf dem Prüfstand. Marktseitig wird sowohl über eine Erhöhung als auch eine Senkung des EZB-Ziels diskutiert. Wir befürchten, dass eine tiefgreifende Anpassung des Inflationsziels die Glaubwürdigkeit der EZB gefährdet. In diesem Zusammenhang halten wir es für wahrscheinlich, dass die Notenbank-Oberen lediglich das aktuelle Inflationsziel konkretisieren.

Digitales Zentralbankgeld – EZB trägt technologischem Fortschritt Rechnung.
Das Aufkommen privater Kryptowährungen bringt die Notenbanken in Bedrängnis. Libra und Co könnten perspektivisch dazu führen, dass die Währungshüter geldpolitischen Einfluss- und Steuerungsmöglichkeiten einbüßen. Daher halten wir es für geboten, dass sich die EZB mit dem Konzept einer digitalen Zentralbankwährung

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beschäftigt und damit auch dem technologischen Fortschritt Rechnung trägt. Eine rasche Einführung eines digitalen Euros ist derzeit allerdings noch nicht absehbar.


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