Lagarde hat keine Eile
Die 500. Ratssitzung genau fünf Jahre nach der Ankündigung des QE-Programms hätte eigentlich für ein aufregendes Ereignis hergehalten. Dass es heute dennoch keine neuen Ankündigungen zur aktuellen Geldpolitik der EZB gab, war nicht überraschend. Zum einen entwickelt sich das Konjunkturbild mit abnehmenden Abwärtsrisiken in etwa so, wie von der EZB erwartet. Dementsprechend musste man den Kurs nicht ändern. Ein interessantes Statement bezüglich Hinweisen, ob Frau Lagarde eher einen hawkishen oder dovishen Kurs favorisiert, war die Brosche, die sie heute trug – eine Eule! Auf der anderen Seite wird die EZB angesichts der nun laufenden strategischen Überprüfung der Geldpolitik auch nicht unbedingt gewillt sein, Anpassungen vorzunehmen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Warum sollte man auch, wenn man in einem Jahr vielleicht eine andere Herangehensweise hat.
Bezüglich der strategischen Überprüfung der Geldpolitik ließ sich Frau Lagarde erstmal nicht in die Karten schauen bzw. festlegen. Auch die Presseinformationen, die inzwischen veröffentlicht wurden, enthalten erstmal nur Umrisse. Lagarde verwies auf den erst beginnenden Prozess den sie nicht vorfestlegen, sondern moderieren will. Wir werden also während der nächsten zwölf Monate auf weitere Hinweise hoffen müssen – begleitet von den üblichen Spekulationen, die die Märkte hin und wieder aufscheuchen werden.
Die Wahl eines zweiteiligen Ansatzes, der gestern bereits durchsickerte, ist sicher darauf zurückzuführen, dass man die Inflationsthemen von weiteren Themen wie Regulierung, Finanzstabilität aber auch Klimaschutz und Ungleichheit trennen will, um die geldpolitischen Puristen im Rat aber auch die Öffentlichkeit milde zu stimmen. Interessant scheint dabei, dass man bei der EZB eine breite Öffentlichkeitstrategie wählt und sogar externe Expertenkreise in die Diskussion einbinden will. Eigentlich sollte die EZB doch unabhängig von äußeren Einflüssen ihre Strategie entwerfen – fähiges Personal hat sie genug. Mit dieser Umarmung holt man aber alle an einen Tisch, sodass am Ende keiner mehr die EZB kritisieren kann, weil man ja in die Diskussion eingebunden war.