Die EZB hat sich verändert

Die EZB hat nach der Finanzkrise ihr Verhalten und die Reaktionsfunktion spürbar verändert und die Geldpolitik einen Strukturbruch erfahren. Gab es im ersten Jahrzehnt des Bestehens der Notenbank noch einen engen Gleichlauf zwischen konjunktureller Entwicklung und geldpolitischer Ausrichtung, ist in den letzten zehn Jahren eine zunehmende Entkoppelung der Geldpolitik vom realwirtschaftlichen Geschehen zu verzeichnen. Ein Grund hierfür liegt in der asymmetrischen Reaktionsfunktion der Währungshüter. In wirtschaftlichen Abschwung reagiert die EZB schneller und stärker als in Aufschwungphasen. Dies fiel besonders sowohl in der ausklingenden Finanzkrise als auch 2015 auf, als die EZB trotz Aufschwung, aber aus Sorge vor deflationären Risiken, den Einstieg in das PSPP verkündete.

Trotz der Nullzinspolitik sowie des umfangreichen Einsatzes unkonventioneller Maßnahmen ist es der EZB bislang nicht gelungen, den Trend sinkender Inflationserwar-tungen zu stoppen. Das primäre Ziel der Geldwertstabilität wird seit Jahren überwiegend verfehlt, was den niedrigen Wirkungsgrad der geldpolitischen Mittel belegt. Der Grund hierfür liegt darin, dass strukturelle Einflussfaktoren disinflationär wirken, die die EZB selbst aber kaum beeinflussen kann.

Die Effektivität der geldpolitischen Instrumente ist zwar beschränkt, die Nebeneffekte auf den Finanzmarkt sind aber umso größer. Der Trend rückläufiger Kapitalmarkt-renditen ist zwar seit mehr als 20 Jahren zu beobachten, das Anleihekaufprogramm der EZB hat jedoch den Renditerückgang nochmals beschleunigt. 2019 wiesen in der Spitze etwa ein Drittel der ausstehenden Anleihen sogar eine negative Marktrendite auf. Das Niedrigzinsumfeld zieht vor allem Crowding-Out-Effekte nach sich. Anleger werden aus niedrigverzinsten Anlageformen verdrängt und weichen in höhere Risi-ken und / oder längere Laufzeiten aus. Investoren sind bereit, immer niedrigere Risi-ko- und Laufzeitenprämien zu akzeptieren, um negative Renditen, soweit überhaupt möglich, zu vermeiden. Die durchschnittliche Duration ausstehender EWU-Staatsanleihen steigt unterdessen immer weiter an. Die Indexduration des iBoxx € Eurozone hat 2019 mit 8,5 Jahren einen neuen Rekordstand erreicht. Angesichts des Niedrigzinsumfeldes steigt außerdem die Bedeutung des Rolldown, der zumindest noch für einen kleinen Ertrag sorgt. Positiver dürften einige Investoren hingegen die seit PSPP-Beginn gesunkene implizite Volatilität bewerten.

 


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