Frankreich versus Deutschland: Mehr Staat ist keine Alternative

Die französische Volkswirtschaft hat sich in den letzten Quartalen vergleichsweise robust geschlagen. Zwischen Juli und September lag die Zuwachsrate wie schon in den Vorquartalen bei 0,3%. Die deutsche Volkswirtschaft wuchs dagegen nur um 0,1% und entging damit knapp einer technischen Rezession.

Nach den Gründen für die unterschiedliche Entwicklung der beiden Schwergewichte der Europäischen Währungsunion muss man nicht lange suchen. Während die binnenwirtschaftliche Entwicklung in Frankreich traditionell eine große Rolle spielt, beruhte das vergleichsweise kräftige Wirtschaftswachstum in Deutschland in den vergangenen Jahren bis 2017 maßgeblich auf einer gut laufenden Exportindustrie. Die Exporte in Deutschland machen immerhin fast 50% des Bruttoinlandsprodukts aus, in Frankreich nur 30%. Auch die Bedeutung der Industrie ist in Deutschland mit einem Wertschöpfungsanteil von 24% wesentlich höher als in Frankreich mit 12%.

Die relative Dominanz des Exportsektors und der Industrie in Deutschland erweist sich in Zeiten von Handelsstreitigkeiten und Brexit-Unsicherheiten als eine wichtige Ursache für die konjunkturelle Schwäche. Frankreich profitiert dagegen davon, dass die Gewichte des Exports und der Industrie weniger stark ausgeprägt sind. Sofern die Weltkonjunktur aber wieder etwas mehr Fahrt aufnehmen sollte, dürfte sich das Wirtschaftswachstum in Deutschland beschleunigen. Dann wären auch wieder höhere Wachstumszahlen als in Frankreich zu erwarten.

Dagegen ist die Rolle des Staates in Frankreich stärker ausgeprägt. Die relative Bedeutung des Staatssektors, gemessen an Ausgaben und Einnahmen in Relation zur Wirtschaftsleistung, aber auch am Anteil der Staatsbediensteten an allen Beschäftigten, ist wesentlich höher. Der bedeutendere Staatsanteil, aber auch eine aktivere Fiskalpolitik mit Entlastungen für Haushalte und Unternehmen haben die Verschuldung des Staates deutlich ansteigen lassen. Und von einer Rückführung der hohen Staatsverschuldung von fast 100% des Bruttoinlandsprodukts kann noch immer keine Rede sein.

Für Deutschland ist diese Politik daher kurzfristig keine Alternative. Hier sollte die Wirtschaftspolitik die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich die Unternehmen besser auf die aktuellen wirtschaftlichen und technologischen Trends einstellen können. Dazu zählt auch eine Erhöhung der über lange Zeit unterdurchschnittlichen Investitionen in die Infrastruktur.


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