Euro-Raum: Schwaches Wachstum bei rückläufiger Inflation im Herbst

Wie erwartet, zeigt sich das Wirtschaftswachstum im Euro-Raum im dritten Quartal 2019 weiterhin nur schwach. Das Plus beim Bruttoinlandsprodukt belief sich im dritten Quartal wie zuvor auf 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Auch wenn von der europäischen Statistikbehörde Eurostat noch keine Details bekanntgegeben worden sind, so ist es nicht schwer einen Verdächtigen für die Wachstumsabschwächung auszumachen: Die zu großen Teilen exportabhängige europäische Industrie. In den ersten acht Monaten des laufenden Jahres unterschritt die Industrieproduktion bislang ihr Vorjahresniveau um 1,2 Prozent. Die Wertschöpfung in den Dienstleistungsbereichen ist zwar auch schwächer geworden, aber gerade sie dürfte einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts insgesamt verhindert haben.

Auf Länderebene zeigen sich dabei einige Überraschungen. Gerade die französische Volkswirtschaft blieb mit 0,3 Prozent relativ unbeeindruckt auf Kurs. Auch Spanien konnte seine robuste konjunkturelle Gangart mit einer Zuwachsrate von 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal beibehalten. Beiden Ländern dürfte in Zeiten von Brexit-Unsicherheiten und Handelsstreitigkeiten zugutekommen, dass der Anteil der Industrie an der Wertschöpfung und die Bedeutung des Exportsektors im Vergleich zu Deutschland oder Italien gering ist. Belgien konnte seine Wachstumsdynamik sogar von 0,3 auf 0,4 Prozent steigern, während sie mit 0,1 Prozent in Österreich und Italien weiterhin schwach blieb.

Die vorliegenden Informationen aus den erwähnten Ländern lassen darauf schließen, dass die inländische Nachfrage das Wachstum maßgeblich gestützt hat, während der Außenbeitrag negativ zu Buche geschlagen haben dürfte. Ein weiteres Indiz dafür ist die niedrige Arbeitslosenquote von 7,5 Prozent im Oktober. Das ist immerhin der niedrigste Wert seit Mitte 2008. Die gesunkene Arbeitslosigkeit und die gestiegenen Löhne bilden die Basis für die robuste Konsumnachfrage und ein wichtiges Gegengewicht zum schwächelnden Exportgeschäft.

Allerdings übersetzt sich das Konsumplus nicht in höhere Verbraucherpreise. Gemäß der Schnellschätzung lag die Inflationsrate im Oktober bei 0,7 Prozent nach 0,8 und 1,0 Prozent in den Vormonaten. Rückläufige Energiepreise aufgrund eines zum Vorjahr gesunkenen Rohölpreises können nicht durch stärker steigende Preise in den anderen Kategorien des Warenkorbs ausgeglichen werden. Nahrungsmittel, Güter und Dienstleistungen verzeichnen nur moderate Preisanstiege. Und daran konnte bislang die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank kaum etwas ändern.

Angesichts der weiterhin eingetrübten Stimmungslage in der Industrie und einer drohenden Ausweitung der US-Zölle auf europäische PKW wird sich an dem relativ schwachen Wachstumsbild für die Währungsunion zum Jahresübergang kaum etwas ändern. Sollte sich die Krise in der Industrie jedoch verschärfen und andere Wirtschaftsbereiche stärker in Mitleidenschaft ziehen, droht die Gefahr, dass sich auch der Arbeitsmarkt und damit die inländische Nachfrage abschwächt. Dies könnte selbst das schwache, aber positive Wachstum zu Fall bringen.


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