Autoindustrie in Deutschland bleibt ein Problemfall

Im September 2018 verhagelte die Einführung des damals neuen Abgastestverfahrens WLTP den Unternehmen in der deutschen Autoindustrie das bis dahin eigentlich noch recht gute Jahresergebnis. Insgesamt gab die Produktion von Autos und Autoteilen 2018 um 1,7% nach. Damals gab es aber noch die Hoffnung, dass die verlorene Nachfrage im Zeitverlauf nachgeholt wird. Bei den Zulassungen, die von Januar bis September um 2,5% stiegen, traf dies auch einigermaßen zu. Allerdings fiel die preisbereinigte Produktion der Automobilhersteller und Zulieferer in den ersten acht Monaten um 11% gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum.

Damit haben sich auch Hoffnungen auf eine wieder steigende Industrieproduktion in Deutschland vorerst nicht erfüllt. Wenn die Autoindustrie schrumpft und die Kapazitätsauslastung in Richtung ihres langjährigen Durchschnittswerts sinkt, vergeben die Unternehmen der Kfz-Branche auch weniger Aufträge an die Maschinenbauer. Dementsprechend bleiben die Aussichten für die beiden größten Segmente des verarbeitenden Gewerbes weiter verhalten. Diese beiden Segmente erwirtschaften immerhin nahezu ein Drittel der Wertschöpfung des gesamten verarbeitenden Gewerbes. Die Autoindustrie allein ist mit ihren mehr als 800.000 Arbeitnehmern für mehr als 5% der Wertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche verantwortlich und stellt damit eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft dar.
Besonders schwerwiegend an der aktuellen Lage ist, dass die Schwäche der Automobilbranche mittlerweile eine Vielzahl von Gründen hat. Die direkten und indirekten Auswirkungen des Handelsstreits zwischen den Vereinigten Staaten und China, die dadurch verursachte Abkühlung der Weltkonjunktur sowie die anhaltende Unsicherheit rund um den Brexit spielen neben branchenspezifischen Ursachen – wie der Angst vor Dieselfahrverboten und vergleichsweise hohen Preisen für Hybrid- und Elektrofahrzeuge – eine gewichtige Rolle. Darüber hinaus ist die deutsche Automobilindustrie auf eine solide Auslandsnachfrage angewiesen. Fast zwei Drittel ihres gesamten Umsatzes erwirtschaftet die Branche außerhalb Deutschlands. Und ein beträchtlicher Anteil davon wird in Großbritannien erzielt.

Wegen der gewaltigen Herausforderungen, denen die Branche gegenübersteht, rechnen wir nach einem deutlichen Produktions- und Umsatzrückgang in diesem Jahr zumindest bei der Produktion noch nicht mit einem Wachstum für das Jahr 2020. Allerdings dürfte 2020 nicht mehr so schwach ausfallen wie dieses Jahr, falls es nicht zu Strafzöllen der USA für Autos und Autoteile aus der EU kommt.

 


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