Italien steht vor politischen Veränderungen
Nach dem Ende der panpopulistischen Regierung und dem Rücktritt von Premier Conte liegt der Ball nun im Feld des Staatspräsidenten. Laut Verfassung obliegt es ihm, die Möglichkeiten zur Bildung einer neuen Regierung auszuloten. Bereits heute sollen hierzu Gespräche geführt werden. Die einzige, auf Basis der Zusammensetzung des Parlaments mögliche Alternative besteht in einer Zusammenarbeit zwischen Fünf Sterne und der PD (Mitte-links). Denkbar wäre, dass Mattarella eine technokratische Übergangsregierung ins Spiel bringt, die von beiden unterstützt wird. Diese würde den Haushalt 2020 auf den Weg bringen, bevor im Frühjahr kommenden Jahres gewählt würde. Für eine Zusammenarbeit für den Rest der Legislatur bis 2023 fehlt einem solchen Bündnis hingegen die gemeinsame Basis bei wesentlichen Fragen der Europa-, Migrations-, Wirtschafts- und Finanzpolitik.
Scheitert der Versuch einer Zusammenarbeit zwischen Fünf Sterne und PD sind baldige Neuwahlen unausweichlich. Laut Verfassung müssen diese in einem Zeit-fenster zwischen 40 und 70 Tagen nach Auflösung des Parlaments stattfinden. Da Rom der EU-Kommission den Finanzplan für 2020 bis zum 15. Oktober vorzulegen hat, würde die Haushaltsplanung unmittelbar in den Wahlkampf fallen. Während baldige Neuwahlen in Italien in den vergangenen Tagen unwahrscheinlicher schienen, könnte ausgerechnet die massive Kritik am als taktisch empfundenen Vorgehen von Lega-Chef Salvini kurzfristige Neuwahlen wieder ins Gespräch bringen. Innerhalb der PD tobt ein Machtkampf. Während Ex-Premier Renzi bei ei-ner Zusammenarbeit mit Fünf Sterne seine Chance eines politischen Comebacks sieht, wittert die Parteiführung um den Vorsitzenden Zingaretti im Fall von Neuwahlen die Chance eines deutlichen Zuwachses von Parlamentssitzen. Die letzten Wahlumfragen von Anfang August sehen die Lega zwar noch in Front, es mehren sich aber die Hinweise, dass der Ausgang einer Parlamentswahl offener als erwartet ausfallen könnte.