Japan: überraschend hohes Wirtschaftswachstum im Frühjahr

Japans jüngste Zahlen zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum sind unerwartet positiv ausgefallen: Die Wirtschaft wuchs im zweiten Quartal um 0,4% gegenüber dem Vorquartal, das seinerseits nochmals nach oben revidiert worden ist von 0,5 auf nun 0,7% (Q/Q). Dies kam überraschend, nachdem die meisten Stimmungsindikatoren wie etwa das Konsumklima und das im Tankan-Index der Notenbank gemessene Sentiment bei den Unternehmen zuletzt auf fortgesetzter Talfahrt waren.

Dennoch hat der Konsum im zweiten Quartal um immerhin 0,6% (Q/Q) zugelegt, und auch die Investitionstätigkeit war nicht so schlecht: Die Bruttoanlageinvestitionen wuchsen um 1,2% (Q/Q). Immerhin hat auch der Staat im abgelaufenen Quartal seine Konsum- und Investitionsausgaben etwas erhöht und so zu dem überraschend hohen Gesamtwachstum vor der Jahresmitte beigetragen. Der Außenhandel hat jedoch insgesamt etwas Wachstum gekostet. Die Exporte haben vom Volumen her leicht abgenommen; dass es aber hier insgesamt „nur“ zu einem Minus von 0,1% kam, ist angesichts der zeitweise zweistelligen Einbrüche vom Frühjahr bei den Ausfuhren nach China durchaus überraschend. Dass die Importe dagegen diesmal um 1,6% zugelegt haben, ist aber erwartet worden und kann als Gegenreaktion auf ihren starken Rückgang vom Vorquartal gesehen werden.

Die neuesten Zahlen haben viele Pessimisten erst einmal nicht bestätigt mit dem Blick auf die diesjährige Konjunkturentwicklung in Japan. Im Gegenteil, es ist bemerkenswert, dass auch und gerade das erste Quartal nun zum zweiten Mal in Folge hochrevidiert wurde und der Konsum sowie die Investitionen zur Jahresmitte deutlich hinzugewonnen haben. Man muss dies aber auch im Zusammenhang mit der geplanten Mehrwertsteueranhebung zum 1. Oktober sehen, die nun wohl kaum noch abgesagt werden wird. Die Vorziehkäufe zur Vermeidung der höheren Steuer haben offenbar schon im Frühjahr voll eingesetzt.

Wir erwarten nun ein ähnlich positives Wirtschaftswachstum im dritten Quartal in Japan, das allerdings wegen der fortdauernden Unsicherheit mit Blick auf den Handel mit China und aufgrund der neuen Handelsstreitigkeiten mit Südkorea Bremsspuren beim Export zeigen dürfte. Im Jahresendquartal wird dann der Konsum wegen des Mehrwertsteuerschrittes einbrechen und die Quartalswachstumsrate der Gesamtwirtschaft stark ins Minus ziehen. Aufgrund der Vielzahl von expansiven Gegenmaßnahmen der Regierung (unter anderem höhere Sozialausgaben, teilweise Steuerrückerstattungen bei bargeldlosen Käufen) dürfte die Mehrwertsteueranhebung die Gesamtwirtschaft aber kaum in eine längere Rezessionsphase ziehen.


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