Euroraum: Konjunktur und Inflation „geht die Puste aus“ – Italien bleibt Wachstumsschlusslicht

Das Wirtschaftswachstum im Euroraum hat sich im Frühjahr merklich abgebremst. Mit mageren 0,2% gegenüber dem Vorquartal lag der Zuwachs nur noch halb so hoch wie im ersten Quartal 2019. Details stehen mit der Vorabschätzung zwar noch nicht zur Verfügung. Offenbar stützte aber weiterhin die Binnennachfrage, während die Nettoexporte wohl eher gebremst haben. Das deckt sich mit dem generellen Bild eines eher schwierigen internationalen Umfelds, das durch geopolitische Konjunkturrisiken und protektionistische Tendenzen gehemmt wird. Ein Garant für eine stetige Binnennachfrage im Euroraum bleibt – zumindest vorerst – der gut laufende Arbeitsmarkt sowie allmählich steigende Löhne. Aber auch der anhaltende Boom im Bausektor hält die Investitionstätigkeit aufrecht.

Erste Länderergebnisse hatten das geschwächte Quartalsergebnis für den Euroraum bereits angedeutet. So ging das Wirtschaftswachstum in Frankreich von 0,3% auf 0,2% zurück. Italien stagniert und dürfte damit weiterhin zu den konjunkturellen Schlusslichtern im Währungsgebiet gehören. Spanien wird zwar mit 0,5% wieder zu der vorderen Riege der kräftigeren Wachstumsmotoren gehören, aber auch hier gab der Zuwachs im Vergleich zum ersten Quartal nach. Belgien und Österreich können sich mit verlangsamten Raten von jeweils 0,2% der allgemeinen wirtschaftlichen Moderation im Euroraum ebenfalls nicht entziehen.

Spannend bleibt die Frage, wie die deutsche Wirtschaft abgeschnitten hat, die im Besonderen von dem Stimmungsabschwung in der Industrie betroffen ist. Hier ist weiterhin Geduld gefragt, denn die Daten zum deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) werden gemeinsam mit den meisten übrigen Euroländern erst am 14. August veröffentlicht.

Die Unsicherheit im Euroraum bleibt wohl vorerst erhalten. Dafür sprechen erste Stimmungsindikatoren für das dritte Quartal, die auf eine Fortsetzung der gedämpften konjunkturellen Entwicklung hindeuten. Dabei erweist sich nicht mehr allein der Industriesektor als Bremsklotz. Auch das Klima im Dienstleistungssektor hat sich in den vergangenen Monaten tendenziell eingetrübt. Zahlreiche Risiken könnten das Wachstum zudem kurzfristig destabilisieren. Dazu zählen unter anderen wieder aufkeimende Handelsstreitigkeiten oder Risiken im Zuge möglicher Brexit-Turbulenzen. Sollten sich diese Unsicherheiten jedoch nicht materialisieren, ist im Euroraum mit einer moderaten Wachstumsrate von 1,0% für das Gesamtjahr 2019 zu rechnen.

Auch bei den Verbraucherpreisen ist nur noch wenig „Dampf im Kessel“. Die harmonisierte Inflationsrate gab von 1,3% im Juni auf 1,1% im Juli nach. Damit entfernt sich die jährliche Rate immer mehr von dem Ziel der EZB, die eine Inflationsrate von unter, aber nahe 2% anvisiert. Das nährt die Spekulation, dass EZB-Präsident Draghi, als eine seiner letzten Amtshandlungen vor seinem Ausscheiden im Oktober, nochmals lockernd in die Geldpolitik eingreift. Für das Gesamtjahr 2019 sehen wir bei der Inflationsrate nicht mehr viel Luft nach oben. Im Durchschnitt sollte es zu 1,2% reichen.


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