Italien steuert auf erneute Regierungskrise zu
Die panpopulistische Regierung in Italien steckt einmal mehr in der Krise – in ihrer womöglich schwersten. Am Freitag kamen Medienberichten zufolge Innenminister und Lega-Chef Salvini sowie Staatspräsident Mattarella zusammen, um über die Zukunft der Koalition zu beraten. Während Mattarella Salvini zu einer schnellen Entscheidung drängt, plant dieser wohl für heute ein Zusammentreffen mit Fünf-Sterne-Chef di Maio. Neben der Option von Neuwahlen im Herbst könnte auch eine Ablösung Contes als Regierungschef sowie von Finanzminister Tria diskutiert werden.
Auslöser des aktuellen Streits waren Berichte über mutmaßliche Parteispenden aus Russland, die die Lega erhalten haben soll. Auch in der Europapolitik spricht die Regierung in Rom nicht mit einer Stimme. Während Abgeordnete der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) eigenen Angaben zufolge für die Kandidatin für den Posten EU-Kommissionspräsidentin, von der Leyen, gestimmt haben, haben Lega-Vertreter ihre Zustimmung für die Christdemokratin verweigert. Beides hat der Lega politisch bis dato nicht geschadet, die in den Wahlumfragen immer mehr zulasten der M5S zulegen kann.
Trotzdem zögert Salvini bislang, Neuwahlen in Angriff zu nehmen. Während er sich als Innenminister durch eine "Anti-Migrationspolitik" profilieren kann, wäre die Verantwortung als Regierungschef eine ungleich größere. Alternativ zu Neuwahlen zieht Salvini offensichtlich die Ablösung Contes in Erwägung, da beide zuletzt des Öfteren politisch über Kreuz lagen. Salvini fordert eine expansivere Fiskalpolitik und möchte deswegen bei der Erstellung des Haushaltsentwurfs 2020 maßgeblich beteiligt werden, während Conte und Tria eher den Konsens mit der EU suchen.
Sowohl Neuwahlen, aus der die Lega sehr wahrscheinlich als Gewinnerin hervorginge, als auch eine Fortsetzung der Koalition unter einem neuen, der Lega genehmeren Regierungschef, wären aus der Sicht der Finanzmärkte keine guten Nachrichten. Anleger vertrauten bislang vor allem auf Conte und Tria, denen es jüngst erst gelang, ein Verfahren der EU wegen Italiens zu hoher Gesamtverschuldung abzuwenden. Insbesondere in Richtung September, wenn der Haushaltsentwurf 2020 verhandelt werden soll, drohen die Konflikte zwischen Rom und Brüssel deutlich zuzunehmen.