Besorgte Notenbanken – sorglose Anleger?

In den Vereinigten Staaten dreht sich die aktuelle geldpolitische Diskussion nicht mehr um die Frage, ob die Zinsen in der nächsten Notenbanksitzung gesenkt werden sollen, sondern nur noch darum, wie stark sie sinken werden. Damit steht die erste Zinssenkung seit zehn Jahren bevor, und das, obwohl sich die US-Konjunktur in einer – von Deutschland aus gesehen – beneidenswert guten Verfassung befindet. Die Arbeitslosenquote steht mit 3,7 Prozent fast auf dem tiefsten Stand der letzten 40 Jahre, und auch andere wichtige Kennzahlen zeigen sich ausgesprochen robust.

Es ist daher in Notenbankkreisen viel von einem Zinsschritt zur "Versicherung" gegen die zahlreichen weltwirtschaftlichen Risiken die Rede. Als Begründung wird auch die sehr moderate Inflationsrate herangezogen. Sie liegt auf einem für die Spätphase eines Konjunkturaufschwungs untypisch niedrigen Niveau. Das wiederum hat mit der verhaltenen Lohndynamik zu tun, die auf den ersten Blick so gar nicht zum leergefegten Arbeitsmarkt passen will.

Wenn die Notenbanken die Zinsen senken, ist das üblicherweise ein positives Signal für die Aktienmärkte. So auch dieses Mal. Der DAX hat auf der Grundlage veränderter geldpolitischer Erwartungen im bisherigen Jahresverlauf mehr als 15 Prozent gutgemacht. Und das, obwohl die heimische Konjunktur an Schwung verliert und sich die Gewinnwarnungen, besonders aus den zyklischen Sektoren, häufen. Eine so schwache Ertragsentwicklung stünde aber im Gegensatz zu der in diesem Jahr sehr positiven Kursentwicklung, weshalb wir von fallenden Aktienmärkten ausgehen.

Auch am US-Aktienmarkt, der noch von einer ausgeprägt optimistischen Stimmung geprägt ist, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Konsolidierung, wenn die Zinssenkungsfantasie entweicht und die Folgen des Handelsstreits zwischen Washington und Peking stärker auf die eigenen Unternehmen wirken. Sollte die Fed den Markt kurzfristig enttäuschen und der Handelsstreit zwischen China und den USA anhalten, wäre eine Fortsetzung der Sommerrallye am Aktienmarkt akut gefährdet.

 


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