Südafrika in der Wirtschaftskrise

Das Wirtschaftswachstum in Südafrika blieb letztes Jahr mit nur 0,8% deutlich unter den ursprünglichen Erwartungen. Im ersten Quartal 2019 gab es gar einen neuen Wachstumsrückschlag, die Gesamtwirtschaft sank gegenüber dem Schlussquartal 2018 um 0,8%, die Arbeitslosenquote hat fast 28% und damit den höchsten Stand seit Sommer 2017 erreicht. Der reformorientierte und auf Ausgleich bedachte Präsident Cyril Ramaphosa hat es bisher nicht geschafft, sein Land aus dem ökonomischen Krisenmodus zu führen.

Die wirtschaftliche Misere Südafrikas beruht ganz wesentlich auf strukturellen Ursachen, die sich kurzfristig kaum lösen lassen. Dazu gehören die zu hohe Zahl von unproduktiven Staatsunternehmen, darunter auch der zuletzt wegen rotierender Stromabschaltungen in die Schlagzeilen geratene staatliche Energieversorger Eskom. Aber auch gravierende Mängel im Bildungssystem, zu viele wachstumshemmende Regulierungen und ein beängstigendes Maß an Korruption behindern den Beschäftigungsaufbau und den wirtschaftlichen Fortschritt.

Trotz aller Missstände hat Ramaphosa es geschafft, die Parlamentswahlen vom Mai mit unerwartet gutem Ergebnis für die Regierungspartei ANC zu gewinnen. Dies hat ihm einen persönlichen Vertrauens- und Autoritätsbonus verschafft. Dennoch ist zu erwarten, dass er seine Reform- und Wachstumsagenda wohl nur in „abgespeckter“ Form und mit viel Geduld wird umsetzen können. Denn in der Partei steht Ramaphosa einem mächtigen und populistisch agierenden linken Flügel gegenüber, der noch loyal zu seinem Vorgänger Jacob Zuma ist. Die Vertreter dieses Flügels sind zudem am stärksten mit Korruptionsvorwürfen belastet, was deren Reformabneigung erklärt. Viele von ihnen befürchten, unter Ramaphosa ihre „Pfründe“ zu verlieren. Aber selbst die Gewerkschaften sind nicht mit allen Plänen Ramaphosas einverstanden und fordern weiter vor allem Jobsicherheit für jene, die bereits einen gut bezahlten Arbeitsplatz haben.

Ramaphosa ist wegen der Widerstände gegen seine ursprünglichen Reformpläne denn auch auf eine Strategie der kleinen Schritte ausgewichen. Diese beinhaltet auch, dass er zunächst auf die geplante Teilprivatisierung des Stromgiganten Eskom verzichtet, zugunsten neuer Subventionen. Eine solche Politik aber schiebt die Bereinigung dieses Unternehmens nur hinaus und kostet den Staat viel Geld. Vor dem Hintergrund der nur schleppenden Reformfortschritte wird auch das Wirtschaftswachstum in diesem und im nächsten Jahr voraussichtlich nur verhalten bleiben. Wir veranschlagen es auf 1,0% beziehungsweise 1,3%.


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