Griechenland hat gewählt
Die Wähler in Griechenland haben sich am gestrigen Sonntag klar für einen Regierungswechsel ausgesprochen. Nach vier Jahren unter Premier Tsipras von der linkspopulistischen Syriza gingen die Konservativen von Kyriakos Mitsotakis als klare Sieger vom Platz. Nach Auszählung fast aller Stimmen erreichte dessen Nea Dimokratia (ND) 39,85%, während sich Syriza mit 31,53% begnügen musste. Inklusive des Bonuses von 50 Sitzen für die stärkste Partei kommt die ND damit auf eine absolute Mehrheit von 158 der 300 Sitze im griechischen Parlament, Syriza auf 86. Mit KINAL (22 Sitze, sozial-demokratisch), der kommunistischen Partei (15 Sitze), Ellinki (10 Sitze, rechtskonservativ) und der Neugründung des ehemaligen Finanzministers Varoufakis, MeRA25 (9 Sitze, links-alternativ), haben vier weitere Parteien ebenso den Einzug in das Abgeordnetenhaus geschafft. Die rechtsextreme Partei "Goldene Morgenröte" scheiterte an der 3%-Hürde und verpasste damit den Einzug in das Parlament, nachdem sie bisher 18 Abgeordnete gestellt hatte.
Mit ND-Spitzenkandidat Kyriakos Mitsotakis kehrt damit ein Vertreter der "alten Garde" an die Spitze der griechischen Regierung zurück. So bekleidete bereits sein Vater Anfang der neunziger Jahre den Posten des Ministerpräsidenten. Mitsotakis gilt als Wirtschaftsliberaler. Das Programm der ND umfasst unter anderem verstärkte Privatisierungen und Steuersenkungen. Um für letztere mehr Spielraum zu gewinnen, müsste Mitsotakis wohl auch Zugeständnisse der Kommission und der Eurogruppe einfordern. Zwar ist Griechenland seit Juni 2018 kein Programmland des ESM mehr, diverse Verpflichtungen bestehen jedoch weiter. So soll Athen in den kommenden Jahren weiter hohe Primärüberschüsse von bis zu 3,5% erwirtschaften, um die exorbitante Staatsverschuldung zu senken.
In unserer aktuellen Griechenland-Prognose gehen wir von einer Wachstumsabschwächung auf 1,2 Prozent in diesem Jahr aus, nach knapp zwei Prozent im Vorjahr. Mit 1,3 Prozent dürfte die griechische Volkswirtschaft 2020 kaum schneller wachsen. Sollte es Mitsotakis gelingen, der EU Zugeständnisse abzuringen und seine Wahlkampfankündigungen umzusetzen, könnten privater Verbrauch und Wirtschaftswachstum im nächsten Jahr etwas kräftiger ausfallen. Allerdings dürfte es der Regierung aufgrund der geplanten Steuererleichterungen dann schwer fallen, im Staatshaushalt weiterhin die von der EU verlangten Primärüberschüsse zu erzielen.