Profiteure des Handelsstreits

Auf dem G20-Gipfel konnte eine weitere Eskalation im US-chinesischen Handelsstreit zwar vorerst abgewendet werden. Der Burgfrieden, der nun zwischen Peking und Washington vereinbart wurde, sieht jedoch vor, dass die seit dem vergangenen Sommer bereits bestehenden und gerade deutlich erhöhten Sonderzölle erst einmal weiter gültig sind. Vor allem für die chinesische Exportwirtschaft bleiben die Belastungen damit immer noch relativ hoch. Auch die asiatischen Nachbarstaaten werden durch die bilateralen Handelshürden zwischen den USA und China in Mitleidenschaft gezogen, da sie stark in die Produktionsketten der chinesischen Exportindustrie integriert sind. Betroffen sind hier vor allem Taiwan, Korea und Malaysia – Vietnam, Thailand und Japan in einem etwas geringeren Ausmaß. Ihre Exporte von Vorleistungsgütern nach China sind seit der Einführung der US-Zölle ähnlich stark eingebrochen wie Chinas Ausfuhren in die USA selbst.

Chinas Anrainer können aber durchaus auch Nutzen aus dem transatlantischen Handelsstreit ziehen. Kurzfristig könnten die Länder von Importsubstitutionen profitieren, insbesondere von einer Umlenkung der US-Nachfrage, denn viele asiatische Länder haben sich ähnlich wie China auf die Herstellung von Technikprodukten spezialisiert. Mittel- bis längerfristig könnten Fertigungsstätten auch gänzlich von China in andere (asiatische) Länder verlagert werden. In den letzten Monaten konnten vor allem Vietnam und Taiwan profitieren; hier stiegen die Ausfuhren in die USA spürbar an.

Festhalten muss man allerdings auch, dass keines der asiatischen Länder groß genug ist, um China tatsächlich seine Rolle als „Werkbank der Welt“ streitig zu machen. Dazu wäre aufgrund seiner Demografie ausschließlich Indien in der Lage. Das Land weist jedoch völlig andere Produktionsstrukturen auf und setzt seine Schwerpunkte zu einem wesentlichen Teil auf den Export bestimmter Rohstoffe. Entsprechend gehört es auch nicht zu den Ländern, die von der Importsubstitution der USA profitieren oder als Kandidat für Standortverlagerungen gehandelt werden. Indien kann vielmehr als eines der wenigen Länder in Asien von der umgeleiteten Nachfrage der Chinesen profitieren. Dies gilt zum Beispiel für Baumwolle, die China bislang hauptsächlich aus den USA bezog, aber auch für Sojabohnen und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse, die Indien nun in einem größeren Umfang an China liefern kann. Davon profitieren ansonsten nur die großen Agrarländer in Südamerika.

 


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