Währungsmanipulation - die nächste Stufe im Kalten (Handels-) Krieg?

Für viele Marktteilnehmer sind kompetitive Abwertungen fester Bestandteil in einem Handelskonflikt. Der seit gut einem Jahr offen ausgetragene Streit zwischen den USA und China gewinnt zwar immer weiter an Schärfe, bislang ist es aber „nur“ bei der fatalen Spirale aus Strafzöllen und Gegenmaßnahmen auf realwirtschaftlicher Ebene geblieben. Nichtsdestotrotz wächst auf der US-Seite das Unbehagen gegenüber den Wechselkursentwicklungen. US-Handelsminister Ross hat jüngst angedroht, Strafzölle gegen die Länder zu verhängen, die er der Währungsmanipulation verdächtigt und die dadurch ihrer Exportwirtschaft einen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber der US-Konkurrenz verschaffen.

Was zunächst wenig aufregend klingt, ist Ausdruck eines US-innenpolitischen Machtkampfes. Bislang war die Einschätzung zur Währungsmanipulation unstrittig in den Händen des US-Finanzministeriums, das halbjährlich einen Bericht hierzu veröffentlicht. Der eigentlich für April fällige Bericht steht noch aus und dürfte in Kürze veröffentlicht werden. Stattdessen hat das US-Handelsministerium einen Entwurf vorgestellt, mit dem es ebenfalls über währungsbedingte Nachteile für die US-Wirtschaft entscheiden will. Die Entscheidungsbefugnis, mit Strafzöllen auf ausländische Subventionen zu reagieren, hat das Departement of Commerce bereits seit 1930. Jetzt wagt es einen ambitionierten Vorstoß und will eine unterbewertete Währung als unzulässige staatliche Finanzhilfe einordnen dürfen. Explosiv ist dabei der Hinweis, dass man die Hoheit des US-Finanzministeriums in dieser Frage natürlich respektiere – außer man sehe die Lage anders (wörtlich: „… unless we have good reason to believe otherwise“). Im Zweifelsfall dürfte Präsident Trump sich auf die Seite seines Handelsministers stellen, um der (seiner Ansicht nach) jahrelangen Manipulation endlich den Kampf ansagen zu können, was ihm das Finanzministerium bislang verwehrt hat.

Damit ist neue Unsicherheit für die Devisenmärkte vorprogrammiert. Nicht nur die Aussicht auf eine weitere, währungsbedingte Runde von US-Strafzöllen dürfte irritieren, auch das absehbare Kompetenzgerangel zwischen Handels- und Finanzministerium ist brisant. Zunächst handelt es sich nur um einen Entwurf, ob er in Kraft tritt, ist völlig offen. Neben dem Implementierungsrisiko sind jedoch viele Fragen offen: Welcher Ansatz ist der methodisch richtige zur Beurteilung eines fairen Wechselkurses? Wie offen wird ein möglicher Konflikt zwischen Handels- und Finanzministerium ausgetragen? Sind Strafzölle wirklich geeignet, um eine mutmaßlich unterbewertete Währung aufwerten zu lassen? Wir befürchten, dass eine Diskussion über Währungsmanipulation aus US-Sicht kontraproduktiv sein könnte und dem Dollar als derzeit unangefochtenem Sicheren Hafen nur noch mehr Zulauf bescheren könnte.


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