Geld- kann Fiskalpolitik nicht ersetzen

Die steigenden Risikoprämien für italienische Staatsanleihen sind der Lega und ihrem Vize-Regierungschef Salvini ein Dorn im Auge. Aktuell muss die Regierung in Rom einen Zuschlag von fast drei Prozentpunkten gegenüber Bundesanleihen zahlen, wenn sie sich für zehn Jahre neues Geld am Finanzmarkt leiht. Selbst das krisengebeutelte Griechenland leistet inzwischen kaum höhere Zuschläge. Salvini hat deswegen im Glanze des Sieges seiner Partei bei der Europawahl gefordert, dass nicht Italien, sondern die EZB die Mehrkosten Italiens bei der Refinanzierung tragen solle. Details zur Umsetzung des Vorschlags blieb Salvini bislang allerdings schuldig.

Wie auch immer Salvini die Idee konkret umsetzen möchte, sie weist aus mehreren Gründen in die falsche Richtung. Zum einen gilt seit Bestehen der Eurozone: Monetäre Staatsfinanzierung (durch die EZB) ist verboten. Die Behauptung, dass die EZB bereits heute monetäre Staatsfinanzierung betreibe, ist falsch und unterliegt einem grundlegenden Irrtum. Das Anleihekaufprogramm der EZB, PSPP, dient per Definition dem Zweck, die Preisniveaustabilität im gemeinsamen Währungsraum zu sichern. Aus diesem Grund ist das Kaufvolumen beschränkt und erfolgt auf Basis eines festen Länderschlüssels. Auch das Hilfsprogramm OMT, dessen grundsätzliche Rechtmäßigkeit bereits vom EuGH bestätigt wurde, dient geldpolitischen Zwecken: Der Abwehr von Marktungleichgewichten im Krisenfall. Im Fall von Italien kann man allerdings kaum von einem krisenbedingten Marktungleichgewicht sprechen. Die gestiegenen Zuschläge der Staatsanleihen spiegeln vielmehr das gestiegene Risiko für die Schuldentragfähigkeit Italiens wider, nachdem die Regierung vom Sparkurs der Vorgängerregierung deutlich abwich. Würde die EZB jedoch Staatsanleihen kaufen oder auch nur mit dem Ziel garantieren, die Refinanzierungsbedingungen eines Landes zu erleichtern, würde sie unzweifelhaft gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung verstoßen. Die Reputation der Notenbank, aber auch der Außenwert des Euro könnten deutlichen Schaden nehmen.

Zum anderen verkennt Salvini eine ganz zentrale Aufgabe des Staatsanleihemarktes: Die Lenkungsfunktion des Preises. Risikoprämien sind im Grunde nichts Anderes als Schulnoten für das wirtschafts- und fiskalpolitische Betragen der Mitgliedsstaaten. Aktuell quittiert der Markt Italiens Politik allenfalls noch mit der Note ausreichend. Hält Rom an den überzogenen Defizitplänen fest, ist das „Klassenziel“ gefährdet, die Anleihekäufer bleiben aus und Italien droht im ungünstigsten Fall in einen Liquiditätsengpass zu geraten. Steht die EZB jedoch parat und federt steigende Risikoprämien ab, hat Rom keinen Anreiz mehr, seine Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Dies wäre nicht nur für Italien auf Dauer verheerend, das römische Vorbild könnte bald Schule machen. Andere Staaten wie Spanien haben unter Inkaufnahme sozialer Einschnitte viel in die Gesundung ihrer Staatsfinanzen investiert. Welche Anreize hätte Madrid dann noch, es nicht Italien gleichzutun? Am Ende drohte eine Schuldenspirale, die die Eurozone in ihren Grundfesten erschüttern würde.
Schlussendlich bleibt festzuhalten: Geld- und Fiskalpolitik stehen zwar in einem ökonomischen Zusammenhang, sie können einander aber niemals ersetzen. Jedwede Erwartung, die EZB könne wirtschaftspolitische Fehler ausgleichen führen in die Sackgasse. Etliche Beispiele von Währungs- und Finanzkrisen vor allem in Schwellenländern zeugen davon


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