Italien bleibt sich treu
Die Verunsicherung über die (fiskal-)politische Entwicklung in Italien ist zurück. Der Risikoaufschlag zehnjähriger Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen ist auf einen neuen Jahreshöchststand gestiegen. Ein massiver Ausverkauf italienischer Anleihen, wie zuletzt im Frühjahr letzten Jahres geschehen, blieb bislang aber aus.
Die jüngste Verunsicherung wurde – wie bereits häufiger – durch Äußerungen von Innenminister Salvini ausgelöst. Der Lega-Chef hatte einmal mehr die EU-Fiskalregeln kritisiert und für Italien ein Defizit von mehr als 3% des BIP sowie einen Anstieg der Gesamtverschuldung in Richtung 140% des BIP nicht ausgeschlossen. Salvini sagte auf einer Wahlkampfveranstaltung außerdem, dass der Staat alle notwendigen fiskalischen Maßnahmen ergreifen solle, bis sich Italiens Arbeitslosenquote auf 5% halbiere.
Bislang war die generelle Hoffnung, dass sich ein möglicher Bruch der Regierungskoalition in Rom vorteilhaft auf die Haushaltssituation in Italien auswirken sollte. Die „verquere“ Logik dabei: Eine rein rechtspopulistische Allianz, die laut Umfragen bei einer vorgezogenen Parlamentswahl Aussichten auf eine Mehrheit hätte, würde sich eher an die Defizitregeln halten als das derzeitige panpopulistische Bündnis, in welchem sich Lega und Fünf-Sterne mit Geschenken an die Wähler regelrecht überbieten.
Salvinis jüngste Äußerungen ziehen diese Annahme jedoch in Zweifel. Allerdings sollten seine Kommentare auch im Kontext der inzwischen heißen Phase des Europawahlkampfes gesehen werden. Für ein möglichst gutes Ergebnis ist er versucht, seiner Anhängerschaft attraktive Versprechungen zu machen und sich dabei der üblichen populistischen Rhetorik zu bedienen. Nicht alle Vorschläge und Äußerungen Salvinis dürften jedoch Regierungsinhalt werden.
Insgesamt zeigt sich immer mehr, dass die Hoffnung auf eine höhere fiskalische Disziplin in Italien wohl vergebens ist. Für Salvini und seine Mitstreiter ist es einfach zu attraktiv, sich nicht an die eigentlich verbindlichen Budgetregeln zu halten. Zudem wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Italien mit dieser Art der Politik tatsächlich Erfolg haben könnte, da der Mainstream in Europa sich in diese Richtung bewegt. Das politische Risiko bleibt für Italien also sehr hoch. Ein kompletter Ausverkauf und ein massiver Zinsanstieg für italienische Staatsanleihen ist zunächst auch nicht sehr wahrscheinlich. Der Glaube der Investoren an die europäische Solidarität müsste hierfür spürbar und nachhaltig erschüttert werden.