Das Weiterdrehen der Zollspirale kostet Wachstum
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China droht sich noch einmal zu verschärfen. Wegen der starken internationalen Verflechtungen und eng verwobenen Lieferketten gibt es kaum ein Land, das nicht auf irgendeine Weise von diesem Konflikt betroffen ist. Noch vor wenigen Tagen hatte sich der Vize-Präsident der US-Handelskammer recht optimistisch zum Verlauf der Handelsgespräche zwischen den USA und China geäußert. Inzwischen besteht jedoch der Eindruck, dass eine neue Eiszeit angebrochen ist beziehungsweise alles wieder auf Anfang gedreht wurde. Letztlich war die Nachrichtenlage bereits in den letzten Wochen fortwährend durch ein ständiges „Auf und Ab“ geprägt, allerdings in einer deutlich gemäßigteren Tonlage.
Angesichts des neuen harten Tonfalls sollten wir einen Blick darauf werfen, welche Folgen das Weiterdrehen der Zollspirale für die beiden unmittelbar betroffenen Länder und auch für den Euroraum hätte. Die chinesische Exportwirtschaft spürt bereits Belastungen durch die im vergangenen Jahr von den USA verhängten Strafzölle, weshalb die chinesische Regierung verschiedene konjunkturstützende Maßnahmen in die Wege geleitet hat. Auch die US-Ausfuhren nach China leiden unter den bereits bestehenden Zöllen. Wegen der deutlich geringeren Exportabhängigkeit der US-Wirtschaft fällt dies allerdings weniger stark ins Gewicht. Dementsprechend rechnen wir für die chinesische Wirtschaft mit den stärkeren Wachstumseinbußen. Sollten in den nächsten Tagen alle bereits bestehenden Strafzölle auf chinesische Waren vom US-Präsidenten auf 25% angehoben werden, dann dürfte sich das Wirtschaftswachstum in China um rund 0,2 Prozentpunkte reduzieren.
Da China mit einer entsprechenden Vergeltung auf die US-Exporte reagieren dürfte, wird sich wohl auch in den USA und in der Folge auch im Euroraum die konjunkturelle Dynamik etwas reduzieren. In beiden Wirtschaftsräumen rechnen wir jedoch nur mit einem leichten Dämpfer von rund 0,1 Prozentpunkt. Vor allem die US-Konjunktur profitiert derzeit weiterhin von einer robusten Inlandsnachfrage, hinzu kommt noch eine historisch niedrige Arbeitslosigkeit, die den privaten Konsum befeuert.
Wenig überraschend verlieren also alle direkt und auch viele indirekt Beteiligte durch eine neue Eskalation des Konfliktes „USA vs. China“. Die Bremseffekte dürften aber nicht ganz so dramatisch ausfallen, wie es teilweise unterstellt wird. Spätestens jetzt sollte klar geworden sein, dass auch die EU und Japan mit harten Verhandlungen rechnen müssen, damit nicht die angedrohten Autozölle in Kraft treten. Kommt es in den nächsten Tagen doch noch zu einer Einigung zwischen den USA und China, dann wird es wohl nicht nur ein Minimal-Kompromiss sein, der der Öffentlichkeit präsentiert wird. Das Ausmaß des chinesischen Entgegenkommens wird für die übrigen Handelspartner der Vereinigten Staaten ein wichtiger Gradmesser sein.