EZB: Die Hoffnung stirbt zuletzt

Die EZB-Vertreter haben zur gestrigen Ratssitzung verschiedene Maßnahmen beschlossen, um sicherzustellen, dass die finanziellen Rahmenbedingungen bis auf Weiteres günstig bleiben. Die Forward Guidance für die Leitzinsentwicklung wurde dahingehend angepasst, dass der Hauptrefinanzierungssatz zumindest noch bis zum Ende des Jahres auf dem aktuellen Niveau verbleiben wird – bisher wurde noch eine Erhöhung im Herbst angedeutet. Wie von uns erwartet, haben die EZB-Vertreter eine neue Serie von Targeted longer-term refinancing operations (TLTRO III) auf den Weg gebracht. Diese neuen Langfristtender sollen vierteljährlich im Zeitraum zwischen September 2019 und März 2021 angeboten werden. Die TLTRO III haben eine Laufzeit von jeweils zwei Jahren; ihre Verzinsung orientiert sich am Hauptrefinanzierungssatz. Wie die bisherigen TLTRO II sollen die neuen Tender ein nicht näher spezifiziertes Anreizsystem beinhalten, fallen aber insgesamt ungünstiger aus. Weitere Details zu den neuen längerfristigen Tenderoperationen will die EZB später bekannt geben. Bemerkenswert ist zudem, dass die EZB ihre Vollzuteilungspolitik für die regulären Tenderoperationen zumindest bis März 2021 aufrechterhält. Zu guter Letzt hat die EZB hervorgehoben, dass sie noch für längere Zeit Liquidität aus im APP-Portfolio fälliger Wertpapiere wieder reinvestieren wird. Insgesamt erhöht die Zentralbank mit diesem Paket den Stimulus.

Insbesondere die deutliche Abwärtsrevision der Konjunktur- und Inflationsprojektion für das laufende Jahr dürfte die Währungshüter zu diesem umfangreichen Maßnahmenpaket bewogen haben. Für 2019 rechnen die EZB-Stabsmitarbeiter nur noch mit einem BIP-Plus von 1,1% (zuvor: 1,7%) und einer Inflationsrate von 1,2% (zuvor: 1,6%). Zugleich ist aber auch bemerkenswert, dass die Notenbank-Oberen weiterhin von einer Belebung der Wirtschaft in den kommenden Jahren ausgehen: So blieben die BIP-Projektionen für 2020/21 weitestgehend unverändert. Zudem rechnen die EZB-Vertreter nach wie vor mit einem mittelfristig moderat steigenden Preisdruck. Trotz des gestern beschlossenen neuen Stimulus scheinen die Währungshüter die Hoffnung auf eine Normalisierung der Geldpolitik noch nicht aufgegeben zu haben.

 


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