Geldpolitik: die großen Vier

Die Aussichten für die Entwicklung der Weltkonjunktur haben sich in den zurückliegenden Monaten zusehends eintrübt. Dies wird unter anderem mit Blick auf das vom ifo-Institut veröffentlichte Weltwirtschaftsklima deutlich. Das Stimmungsbarometer ist bereits zum vierten Mal in Folge gefallen und deutet auf eine an Schwung verlierende Weltwirtschaft hin. Angesichts der zahlreichen globalen Unsicherheitsfaktoren ist die schlechte Stimmungslage grundsätzlich nicht verwunderlich. So ist der bereits seit geraumer Zeit währende Handelsstreit zwischen China und den Vereinigten Staaten nach wie vor nicht gelöst. Zudem ist zu befürchten, dass die US-Regierungsvertreter kurz davor stehen, eine weitere Front im Handelskonflikt zu eröffnen. Ein Bericht des US-Handelsministeriums deutet darauf hin, dass die Einführung von Strafzöllen auf Automobilimporte aus Europa erwogen werden könnte. Ein weiterer Faktor, der die weltweiten Konjunkturperspektiven derzeit belastet, ist die Unsicherheit über den Fortgang der Brexit-Verhandlungen. Angesichts des tief zerstrittenen britischen Parlaments und des bedrohlich näher rückenden Austrittsdatums (29. März) sind die Marktteilnehmer in großer Sorge.

Sollte ein ungeordnetes Ausscheiden Großbritanniens aus der EU nicht noch im letzten Moment abgewendet werden können und es zu einer weiteren Eskalation des Handelskonflikts kommen, kann ein Abrutschen einzelner Wirtschaftsregionen in eine Rezession nicht ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf, inwieweit die bedeutendsten Notenbanken dieser Welt (Fed / BoE / BoJ / EZB) noch über ausreichend geldpolitische Munition verfügen, um sich gegen einen wirtschaftlichen Abschwung zu stemmen. Durch ihre bisherigen Zinserhöhungen und die Reduktion der Notenbankbilanz hat sich die Fed für die nächste Krise Handlungsspielraum erschlossen. Demgegenüber hat die BoJ in einem Krisenszenario keinen überzeugenden Spielraum, die geldpolitische Ausrichtung weiter zu lockern. So liegt das Verhältnis von Notenbankbilanz zur Wirtschaftsleistung bereits bei über 100% (!). Mit Blick auf die BoE erscheint es uns im Krisenfall vorstellbar, dass sie ihr Anleiheankaufprogramm wieder aktiv ausweitet. Gemessen am Verhältnis der Bilanzsumme zur Wirtschaftsleistung, rangiert die britische Notenbank mit einer Quote von derzeit rund 23% ein gutes Stück hinter der EZB mit aktuell etwa 40%. Aus dieser Perspektive betrachtet, bestünde für die BoE-Vertreter noch Potenzial zum Aufholen.

Bei der EZB neigt sich die noch verbleibende geldpolitische Munition allmählich dem Ende zu. Sollten sich die Wolken am Konjunkturhimmel in den nächsten Wochen und Monaten weiter verdunkeln, könnten die Währungshüter unter anderem ihre Forward Guidance für die Leitzinsentwicklung adjustieren. Dies wäre aber wohl ein Eingeständnis, dass sich die Rückkehr zur geldpolitischen Normalität weiter verzögert. Weitere Handlungsoptionen zur Lockerung der geldpolitischen Rahmenbedingungen wären: Ausweitung des APP-Reinvestitionszeitraums / Wiederbelebung APP-Käufe / Liquiditätsspritze. Letztlich zeigt die Aufstellung der noch verbleibenden EZB-Handlungsoptionen, dass die Währungshüter in den zurückliegenden Jahren das geldpolitische Waffenarsenal ausgereizt haben. Ein Indiz hierfür ist auch, dass die Notenbank-Oberen die verschiedenen Euroländer zusehends eindringlich zu Reformen drängen.


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