Stimmungsumschwung: Devisenmärkte reagieren gelassen, Rentenmärkte nicht

Der Blick der Finanzmarktteilnehmer auf das weltweite fundamentale Umfeld hat sich in den vergangenen Monaten erheblich verändert. Während die konjunkturelle Dynamik im Euroraum bereits im Jahresverlauf 2018 spürbar nachgelassen hat, trübte sich in den letzten Wochen insbesondere die Einschätzung gegenüber den Wachstumsperspektiven der US-Ökonomie sowie der Weltwirtschaft ein. Potenzielle Ursachen lassen sich ohne Weiteres identifizieren: unter anderem die Handelsstreitigkeiten zwischen den beiden global bedeutendsten Wirtschaftsnationen, der längste Government Shutdown in der US-Geschichte und der ungewisse Ausgang des britischen EU-Austritts. Zahlreiche Zentralbanken haben auf das neue geldpolitische Umfeld reagiert. Zu nennen sind hierbei zum einen nach unten revidierte Wachstumsprognosen und Warnungen vor zunehmenden Risiken für den bislang vorherrschenden wirtschaftlichen Ausblick. Zum anderen haben Notenbanken wie die Federal Reserve und die Reserve Bank of Australia bislang in Aussicht gestellten Leitzinserhöhungen eine Absage erteilt und eine neutrale Position bezogen.

An den Rentenmärkten haben sich die veränderten Rahmenbedingungen erheblich ausgewirkt. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen ging seit Mitte November um fast 50 Basispunkte zurück – ein Zeitpunkt, an dem die weltweiten Wachstumsperspektiven noch deutlich optimistischer eingeschätzt und weitere restriktive Schritte der Fed an den US-Geldmärkten mehrheitlich eingepreist wurden. Bei dem australischen Pendant waren es seither sogar 60 Basispunkte. Bei schweizerischen und deutschen Wertpapieren mit entsprechender Laufzeit fiel der Rückgang mit knapp 30 Punkten zwar geringer aus. Die Rendite erreichte in beiden Ländern allerdings den niedrigsten Stand seit Herbst 2016, was für die Alpenrepublik den tiefroten Bereich bedeutet.

Ein ganz anderes Bild ergibt der Blick auf die Devisenmärkte. Von tiefergehenden Spuren, die sich aus der Stimmungseintrübung ergeben hätten, kann bei den G10-Währungen keine Rede sein. Nennenswerte Gewinne gegenüber dem Dollar sind in den vergangenen knapp drei Monaten mit gut 3% nur für den Yen zu beobachten, wobei sich das Währungspaar mit Kursen um 110 Yen aktuell auf für die jüngere Vergangenheit unauffälligen Niveaus bewegt. Das Schlusslicht bildet die schwedische Krone mit einem Minus von etwas mehr als 2%, während die europäische Gemeinschaftswährung auf einem nahezu unveränderten Niveau handelt.
Die vermeintliche Ignoranz des Devisenmarktes dürfte vor allem zwei Ursachen haben: Zum einen haben die Marktteilnehmer ihre Einschätzung offenbar für alle G10-Währungen mehr oder weniger „parallel nach unten verschoben“, ohne hierbei eine wesentliche Differenzierung auf nationaler Ebene vorzunehmen. Zum anderen stehen in den nächsten Wochen bedeutende Weichenstellungen mit globaler Tragweite auf der Agenda, darunter die Handelsgespräche zwischen den USA und China sowie der Brexit. Zahlreiche Marktakteure dürften vor diesem Hintergrund vorerst abwarten, um nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden.


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