Griechenland: Vertrauen auf Bewährung

Das griechische Parlament hat gestern Abend Ministerpräsident Tsipras das Vertrauen ausgesprochen – 151 der 300 Parlamentarier stimmten für die Regierung. Neben der Syriza-Fraktion des Ministerpräsidenten votierten weitere fünf Abgeordnete für den Premier; der ehemalige Koalitionspartner, ANEL, präsentierte sich hingegen gespalten. Tsipras‘ Chancen, bis zu den regulären Parlamentswahlen im Herbst im Amt zu bleiben, sind zwar gestiegen. Mit dem Austritt von ANEL aus der Koalition führt er aber fortan eine Minderheitsregierung. Die nächste Bewährungsprobe könnte Tsipras bereits bei der Abstimmung über die Anerkennung des Namens „Nord-Mazedonien“ bevorstehen. Nicht alle Parlamentarier der Opposition, die gestern für Tsipras stimmten, stehen auch in dieser Frage hinter ihm. Andererseits bietet die Anerkennung die Chance, den ewig schwelenden Streit mit dem nördlichen Nachbarn zu beenden und das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten.

Der Markt hat mit Ruhe auf das Wahlergebnis reagiert, zumal eine Bestätigung Tsipras‘ keine Überraschung war. Der zehnjährige Risikoaufschlag für griechische Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen tendiert seit Tagen um die Marke von 400 Basispunkten. Die Schwankungsintensität der griechischen Risikoprämien liegt überdies seit einigen Wochen sogar unter derjenigen italienischer Staatsanleihen mit gleicher Laufzeit.
Die Ruhe am Staatsanleihemarkt dürfte aber nur von kurzer Dauer sein. Meldungen zufolge plant Hellas neue Schuldtitel zu begeben. Angesichts des durch die ESM-Hilfsgelder gewachsenen Finanzpolsters ist Griechenland derzeit nicht dringend auf die Ausgabe neuer Papiere angewiesen. Eine erfolgreiche Emission dürfte aber vor allem als gute Werbung für den Emittenten selbst gewertet werden. Die in diesem Jahr bereits hohe Nachfrage nach Bonds anderer EWU-Länder (beispielsweise Belgien, Italien und Portugal) dürfte Hellas hinsichtlich des Marktumfeldes für Neuemissionen insgesamt aber zuversichtlich stimmen.


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