Chinas Industrie tritt zum Jahresschluss auf die Bremse

Chinas Wirtschaft kann sich dem schwelenden Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten doch nicht so gut entziehen, wie es die bislang recht soliden Exportzahlen hoffen lassen. Die Einkaufsmanagerumfragen in der chinesischen Industrie sind im Dezember so schlecht ausgefallen wie seit knapp drei Jahren nicht mehr und haben heute Morgen an den Finanzmärkten rund um den Globus unschöne Erinnerungen an die Konjunktursorgen um China zum Jahreswechsel 2015/16 wachgerufen. Beide Einkaufsmanagerindizes – der „offizielle“ Wert des chinesischen Statistikamts und der „inoffizielle“ Indikator des privaten Datenanbieters IHS Markit – sind zum Jahresschluss unter die kritische 50-Punkte-Schwelle gefallen. Das war zuletzt im Februar 2016 der Fall. Das BIP-Wachstum dürfte sich vor diesem Hintergrund im zurückliegenden Schlussquartal 2018 nochmals abgeschwächt haben.


Vor allem pessimistische Exporterwartungen belasten etwa seit Frühjahr letzten Jahres, als der Schlagabtausch aus Straf- und Vergeltungszölle allmählich Gestalt annahm, die Stimmung der befragten Einkaufsmanager. Der Teilindex für die Auslandsaufträge hat inzwischen ein Drei-Jahres-Tief erreicht und deutet auf einen kräftigen Rückgang der chinesischen Ausfuhren hin. Noch steht dies im Kontrast zur robusten aktuellen Exportentwicklung, die bislang insbesondere in das Hauptausfuhrland USA kaum Schwächen zeigt. Dabei wird die stabile Nachfrage in den USA aber nicht zuletzt von Vorratskäufen gestützt, mit denen sich die US-Importeure gegen die drohende Eskalation des Zollstreits wappnen. Zwar ist die befürchtete drastische Zollerhöhung zum Jahreswechsel erst einmal ausgeblieben und es bleibt abzuwarten, ob sie tatsächlich wie angekündigt in drei Monaten in Kraft treten wird. Aber selbst wenn nicht, werden die Vorzieheffekte in den kommenden Monaten an Zugkraft verlieren und die bereits verhängten US-Zölle auf chinesische Waren ihre Belastung voll entfalten. Chinas Exportkonjunktur steht sicherlich kein rosiges Jahr bevor.


Der Handelsstreit mit den USA hat China zu einem ungünstigen Zeitpunkt getroffen: Um die ausufernde Verschuldung einzudämmen, ist die politische Führung in Peking bei den Staatsausgaben im vergangenen Jahr kräftig auf die Bremse getreten. Die öffentlichen Investitionen schrumpften zeitweise deutlich. Damit wird nun erst einmal wieder Schluss sein, das hat Staatspräsident Xi nicht erst in seiner Neujahrsansprache erkennen lassen. Zum Jahreswechsel treten in China zahlreiche Steuer- und Abgabenerleichterungen in Kraft, unter anderem beim Kauf von PKWs. Da diese Maßnahmen aber in der Regel erst mit einer gewissen Verzögerung Wachstumseffekte entfalten, dürfte Peking auch wieder zu den klassischen Konjunkturstimuli, wie Infrastrukturinvestitionen, greifen. Erste Anzeichen für eine Kehrtwende in der staatlichen Investitionstätigkeit sind bereits zu erkennen. Und schließlich ist inzwischen auch eine vorsichtige Lockerung der Geldpolitik absehbar.


Die chinesische Wirtschaft hat im zurückliegenden Schlussquartal 2018 wohl noch einmal an Schwung verloren. Bereits im Sommer hatte das Wirtschaftswachstum auf 6,5 Prozent abgebremst und war damit geradeso zielkonform ausgefallen. Jetzt, im Winterhalbjahr, dürfte das offizielle Wachstumsziel jedoch erstmals seit drei Jahren wieder unterschritten werden – vermutlich jedoch nur vorübergehend. Denn mit den nun eingeleiteten Konjunkturmaßnahmen sollte es Peking gelingen, das Wachstum so zu stabilisieren, damit der Zielwert auch im neuen Jahr zumindest knapp eingehalten werden kann.


 


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