Fed - Neue Tonspur

Nein, subtil war die Änderung der Rhetorik des Fed-Vorsitzenden Powell nicht. So gewinnt man eher den Eindruck, dass der oberste Währungshüter der US-Notenbank seine Meinung innerhalb von vier Wochen um 180 Grad gedreht hat. Anfang Oktober hat Powell klar zu verstehen gegeben, dass der aktuelle Leitzins noch weit entfernt von einem annähernd neutralen Niveau sei. Gleichzeitig gab er den Finanzmärkten zu verstehen, dass sich die Währungshüter Zinserhöhungen über das neutrale Leitzinsniveau vorstellen können (Zitate auf Seite 4). Die Reaktion der Finanzmärkte auf diese Äußerung ließ nicht lange auf sich warten: die Aktienmärkte haben sehr zügig mit kräftigen Kursverlusten reagiert. Auch Trump fackelte nicht lange mit einer Antwort und gab in seiner typischen Art sein Missfallen zum Ausdruck. Kurze Zeit später kam der Sinneswandel des obersten Währungshüters. Nur ein Schelm mag etwas Böses denken, aber plötzlich sieht er das neutrale Leitzinsniveau schon fast erreicht, obwohl die Fed seit Oktober keine Leitzinserhöhung vorgenommen hat (Zitate auf Seite 4). Gleichzeitig gab es eine neue Botschaft für die Finanzmärkte. Weitere Zinserhöhungen nach der geldpolitischen Straffung um 25 Basispunkte diese Woche könnten deutlich langsamer durchgeführt werden. Einige Marktteilnehmer haben in diese Aussagen sogar hineininterpretiert, dass die schrittweise Anhebung der Leitzinsen schon bald ein Ende finden wird. Der Meinungsumschwung hat an den Kapitalmärkten zu höherer Unsicherheit geführt, denn die Marktteilnehmer fragen sich: Wie ist es tatsächlich um den Zustand der US-Wirtschaft bestellt?

Doch was könnten die Gründe für diese veränderte Tonlage sein? An den Märkten wird darüber spekuliert, dass die Währungshüter doch einen sogenannten „Powell-Put“ ziehen. So hatten sich die Finanzierungsbedingungen in der Wirtschaft zuletzt eingetrübt. Gleichzeitig sind zweifelsohne die Rohölpreise und damit die Inflationserwartungen gesunken, wodurch der Preisdruck nachgelassen hat. Und nicht zuletzt könnte die Fed tatsächlich darauf reagieren, dass sich die Wachstumsaussichten zuletzt zumindest gefühlt eingetrübt haben. Oder hat sich Powell doch schlicht und ergreifend die Kritik des US-Präsidenten zu Herzen genommen? Eine letzte Möglichkeit wäre, dass die Finanzmärkte seine Erörterungen einfach falsch verstanden haben.

Die Aktienmärkte haben jedenfalls mit einem Kursfeuerwerk auf die veränderten Äußerungen von Jerome Powell reagiert. Der Fed- oder Powell-Put bezeichnet die inoffizielle Spielregel, dass die US-Notenbank bei Turbulenzen an den Börsen sehr vorsichtig agiert. So konnte sowohl unter Greenspan als auch unter Bernanke und Yellen beobachtet werden, dass die obersten Währungshüter den Finanzmarktbedingungen eine äußerst hohe Bedeutung zugemessen haben. Interessant ist diesbezüglich auch, dass die US-Notenbank vor kurzem erstmals einen Finanzstabilitätsbericht veröffentlicht hat. Hierin werden die Risiken insgesamt als moderat bezeichnet.

Auf alle diese Beweggründe und auch auf die Frage, ob sich der Fed-Chef von der Politik hat beeinflussen lassen, wird Powell zweifelsohne auf der Pressekonferenz angesprochen werden. Vor diesem Hintergrund verspricht insbesondere die Frage und Antwort Runde nach der Veröffentlichung des Statements und der Projektionen interessant zu werden. Die Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte an sich wird die Marktteilnehmer zweifelsohne nicht überraschen. So erwartet der Markt mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 70%, dass der Zinskorridor nächste Woche um 25 Basispunkte höher ausfällt.


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