EZB: Weiter so wie bisher und keine Panik

Wie allgemein erwartet hat der EZB Rat beschlossen, das Nettoanleihekaufprogramm gegen Ende des Jahres zu beenden. Weitergehende Informationen gab es zu den Reinvestitionen. So hat die EZB ihre Forward Guidance dahingehend verändert, dass die Notenbank ihre Reinvestitionspolitik auch dann noch weiterverfolgen wird, wenn die Zinswende schon eingeleitet wurde. Letzten Endes war dies jedoch keine Neuigkeit. Denn kein Marktteilnehmer hatte bislang erwartet, dass die EZB vor der ersten Leitzinserhöhung eine Reduktion der Bilanz in Angriff nehmen wird. Konsens diesbezüglich ist, dass dieses Thema frühestens im Jahr 2021 oder erst 2022 auf die Tagesordnung kommt. Interessanter war dann schon eher, dass die Währungshüter den Passus von unveränderten Leitzinsen bis über den Sommer 2019 aufrechterhalten haben. Ein Großteil der Marktteilnehmer rechnet damit, dass die EZB frühestens im Jahr 2020 die geldpolitischen Zügel straffen wird. Hätte sie jedoch die Wortwahl bezüglich der Zinswende geändert, so wäre dies als sehr pessimistisches Zeichen von den Märkten interpretiert worden. Letzten Endes hat sich die Notenbank mit diesem Passus ohnehin alle Türen offengelassen. Die Leitzinsen bleiben solange niedrig, wie es die wirtschaftlichen Bedingungen erfordern. Wenig überraschend hat die EZB außerdem die Wachstums- und Inflationsaussichten etwas nach unten revidiert.

Tenor der Pressekonferenz war, dass die EZB von ihrem vorgegebenen Pfad nicht abweichen wird, obwohl der konjunkturelle Schwung in den vergangenen Monaten deutlich nachgelassen hat. Insbesondere gebe es laut Draghi viele Risiken: die geopolitischen Risiken, der Handelskonflikt sowie die Turbulenzen in einigen Schwellenländern. Diese Unsicherheiten bergen Abwärtsrisiken und könnten zu einer Konjunkturdelle führen. ie unveränderten Leitzinsen, das Festhalten am Ende der Reinvestitionspolitik und auch der unverändert ausgeglichene wirtschaftliche Ausblick deuten darauf hin, dass die EZB die jüngste konjunkturelle Abschwächung nicht übertonen möchte. Gleichzeitig hat Draghi versucht, die teilweise sehr pessimistische Erwartung der Journalisten zu relativieren und nicht unnötig für Verunsicherung zu sorgen. Die niedrigen Leitzinsen und der hohe Bestand an Staatsanleihen dürften das Wirtschaftswachstum stützen und zu höheren Inflationsraten führen. Sollte es anders kommen, habe die EZB die notwendigen Maßnahmen, um zu handeln. In diesem Zusammenhang betonte der EZB-Präsident, dass der Kauf von Anleihen seiner Meinung nach nun zum Standard-Werkzeugkasten der EZB gehöre.
Zusammenfassend ist es Draghi gelungen, die Märkte nicht durcheinander zu wirbeln, indem er Achtsamkeit und expansive Ausrichtung unterstrichen hat. Draghis Aussage von "anhaltendem Vertrauen bei zunehmender Vorsicht" fasst die Pressekonferenz recht gut zusammen.


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