China: Wachstum in Q3 verlangsamt – Investitionen bremsen, Handelsbelastungen stehen noch aus
Chinas Wirtschaft hat im abgelaufenen Quartal weiter an Schwung verloren. Mit einem Wirtschaftswachstum von 6,5 Prozent war die Abschwächung sogar etwas stärker als erwartet. Angesichts des über den Sommer eskalierten Handelsstreits steht die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft momentan zweifellos unter besonderer Beobachtung. Bremseffekte im Handel mit den Vereinigten Staaten dürften für die Konjunkturabkühlung bislang aber kaum verantwortlich sein. Sie werden im Moment noch durch Vorzieheffekte überlagert und durch die Abwertung des Yuan abgefedert. Vielmehr hat die Investitionszurückhaltung Pekings das Wachstum gedämpft. Bereits im laufenden Quartal könnten die Belastungen aus dem Außenhandel aber schon deutlicher spürbar werden. Wir sehen uns in unserer vorsichtigen Wachstumsprognose für dieses Jahr von 6,5 Prozent bestätigt.
Eine auffällige Schwäche haben die monatlichen Exportzahlen in den vergangenen Monaten, in denen die US-Zölle sukzessive ausgeweitet wurden, nicht gezeigt. Fast schon im Gegenteil: Im September haben sie sogar deutlich angezogen. Auch das Wachstum der Exporte in die Vereinigten Staaten blieb stabil, ihr Gesamtwert erreichte im September ein neues Rekordhoch. Die Importe dagegen haben auf hohem Niveau an Schwung verloren und speziell die Einfuhren aus den USA sind zuletzt gar nicht mehr gewachsen. Drei Aspekte sind hier zu berücksichtigen: Erstens, die Abwertung des Yuan gegenüber dem US-Dollar von über 8 Prozent hat chinesische Ausfuhren in die USA verbilligt und einen Teil des Zolleffekts kompensiert, während die Einfuhren aus den USA nach China zusätzlich zu den chinesischen Gegenzöllen verteuert wurden. Zweitens, die Strafzölle galten noch nicht während des gesamten Quartals, das Gros der US-Zölle auf chinesische Waren ist erst seit dem 24. September in Kraft. Und drittens, scheint dies insbesondere im September zu vorgezogenen Käufen geführt zu haben. Der Außenhandel hat das Wirtschaftswachstum im zurückliegenden Quartal zwar leicht gebremst, jedoch nicht mehr als bereits in der ersten Hälfte dieses Jahres.
Im soeben begonnenen Schlussquartal könnte der Bremseffekt jedoch bereits stärker ausfallen. Darauf deuten die schwächeren Umfragewerte aus der chinesischen Industrie hin. Der Markit-Einkaufsmanagerindex lag im September nur bei 50 Punkten, und aus den Umfrageergebnissen des chinesischen Statistikamts geht hervor, dass die Auslandsaufträge inzwischen auf den tiefsten Stand seit drei Jahren gefallen sind. Noch einschneidender wird die Belastung ausfallen, sollte die US-Administration ihre Ankündigung wahrmachen und den Strafzoll zum Jahreswechsel von derzeit hauptsächlich 10 auf 25 Prozent anheben oder weitere Importe aus China mit Sonderzöllen belegen. Ob diese Drohungen aber tatsächlich in die Tat umgesetzt werden oder nur dem Wahlkampf für die bevorstehende US-Kongresswahl geschuldet sind, bleibt abzuwarten.
Das schwächere Wachstum im zurückliegenden dritten Quartal ist dagegen primär der Investitionszurückhaltung Pekings geschuldet. Die staatlichen, insbesondere die Infrastrukturinvestitionen werden bereits seit Monaten zurückgefahren und liegen inzwischen deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. Damit versucht die chinesische Führung vor allem, die ausufernde Verschuldung des Landes in den Griff zu bekommen. Durchaus mit kleineren Erfolgen, denn die Schuldenquote bildet sich seit über einem Jahr leicht zurück.
Mit 6,5 Prozent ist das nun gemeldete BIP-Wachstum das niedrigste seit Anfang 2009, dem Tiefpunkt der Wirtschaftskrise. Im zweiten Quartal lag die Rate noch bei 6,7 Prozent, im ersten bei 6,8 Prozent. Die Abschwächung ist zuletzt also etwas deutlicher ausgefallen. Das passt in unser Wachstumsbild. Unsere Wachstumsprognose ist mit 6,5 Prozent für dieses Jahr vergleichsweise vorsichtig. Auch für das kommende Jahr gehen wir von einem Wachstum von 6,5 Prozent aus. Eine dauerhafte Unterschreitung des offiziellen Wachstumsziels, das aktuell bei eben 6,5 Prozent liegt, erwarten wir nicht. Sollten im kommenden Jahr die Bremseffekte im Außenhandel deutlich zunehmen, wird Peking wahrscheinlich wieder zu den üblichen Mitteln der Konjunkturstabilisierung greifen und die Staatsinvestitionen wieder hochfahren. Leider um den Preis, dass die Verschuldung dann wohl wieder steigen wird und die Stabilitätsrisiken erneut zunehmen.