Italiens Woche der Wahrheit
Die nächste Woche könnte sich für Italien als richtungsweisend herausstellen. Bis Montag muss die Regierung in Rom der EU-Kommission den vollständigen Haushaltsentwurf für 2019 vorlegen. Bislang sind nur Teile der Planung, vor allem die Defizitzahlen für die kommenden drei Jahre und die zugrundliegenden BIP-Prognosen, bekannt. Insbesondere die über den Konsensschätzungen liegenden Wachstumsannahmen hatten nach Bekanntwerden bereits Fragen aufgeworfen. Erst mit Veröffentlichung aller geplanten Maßnahmen einschließlich Mehrausgaben / Mindereinnahmen ist aber mit einem abschließenden Votum durch Brüssel, Investoren und Ratingagenturen zu rechnen.
Es ist allerdings kaum zu erwarten, dass die EU-Kommission Italiens Plan ohne Nachverhandlungen akzeptieren wird. Selbst wenn das für 2019 geplante Defizit in Höhe von 2,4% des BIP realistisch erscheinen würde, läge es deutlich über dem zwischen der Vorgängerregierung und Brüssel ausgehandelten Pfad, der zu einem Abbau der Schuldenstandsquote führen soll. Für Investoren wird aber vielmehr entscheidend sein, ob Brüssel den Vorschlag zumindest als Verhandlungsgrundlage ansieht und ein Kompromiss im Streit beider Seiten möglich erscheint. Doch weder die Kommission noch die panpopulistische Regierung würde ein Interesse an einer Eskalation des Konflikts haben. Zwar wird Brüssel die Austeritätsfahne aus politischen Gründen weiter hochhalten, eine Schieflage des größten öffentlichen Schuldners der EWU sowie einen möglichen Flächenbrand am europäischen Staatsanleihemarkt gilt es aber unbedingt zu verhindern.
Die Ratingagenturen werden ihrerseits die Haushaltsplanungen bewerten. Insbesondere Moody’s hat sich bereits wiederholt kritisch zu einer Ausweitung des Defizits geäußert und das Italien-Rating im Mai dieses Jahres mit dem Zusatz „watch negative“ versehen. Eine Herabstufung um eine Stufe ist im Hinblick auf die Entwicklung der vergangenen Wochen eher wahrscheinlich und könnte jederzeit nach Veröffentlichung des Haushaltsplans erfolgen. Im Gegensatz zu den sonst üblichen Gepflogenheiten muss die Entscheidung nicht an einem vorher bekannten Termin vorgenommen werden, da Moody’s bereits mitgeteilt hatte, dass eine Ratingentscheidung auf Basis der Fiskalzahlen bis Ende Oktober anstünde. Auch S&P könnte den Haushaltsplan zum Anlass nehmen, seine Entscheidung aus dem Oktober 2017, als Italien um eine Stufe heraufgesetzt wurde, rückgängig zu machen. Aus Marktsicht bergen vor allem die Ratingmaßnahmen Unsicherheit. Stuft Moody’s Italien um eine Stufe herab, könnte dies zwar kurzzeitig für Unruhe sorgen, der Schritt als solcher wird aber von Teilen der Investoren erwartet. Größere Verwerfungen wären für den Fall zu erwarten, dass Italien wider Erwarten stärker herabgestuft oder Moody’s dezidiert ein Nicht-Investmentgrade-Rating in Aussicht stellen würde.