Deutscher Wohnungsmarkt: Der Wohngipfel wird keine spürbare Entspannung bringen

Die Überschrift zur Pressemeldung des Innenministeriums „Wohngipfel 2018: Historisch einmaliges Maßnahmenpaket" weckt große Erwartungen. Diese werden die am vergangenen Freitag im Kanzleramt getroffenen Beschlüsse aber angesichts der Herausforderungen am Wohnungsmarkt kaum erfüllen können. Dass Preise und Mieten rapide steigen, ist vor allem auf das unzureichende Wohnungsangebot bei zugleich hoher Nachfrage zurückzuführen. Aber mit zusätzlichen Milliarden auf der einen und weiteren Daumenschrauben für Vermieter auf der anderen Seite wird sich daran nicht viel ändern. Eher ist das Gegenteil der Fall, denn die ausgelobten 5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau bis 2021, 2,7 Milliarden Euro Baukindergeld, Sonderabschreibungen sowie eine aufgewertete Wohnungsbauprämie werden die Nachfrage nach Baugrundstücken und Bauleistungen weiter befeuern. Doch am fehlenden Geld mangelt es nicht, was schon die Diskussion über eine Immobilienblase in Deutschland zeigt.

Dank niedriger Zinsen sind Finanzmittel von Investoren und privaten Bauherren reichlich vorhanden. Trotzdem entstehen nicht genug Wohnungen: Das zeigt die immer weiter auseinanderklaffende Lücke zwischen den erteilten Baugenehmigungen und den tatsächlichen Fertigstellungen. Seit 2010 ist der Überhang auf über 400.000 genehmigte Wohnungen angewachsen, in diesem Jahr dürften noch einige Zehntausend dazukommen. Somit wird sich der Preisanstieg für Bauland sowie für Bauleistungen angesichts einer schon vollausgelasteten Bauwirtschaft weiter beschleunigen. Der Bau von Mietwohnungen rechnet sich dann nur, wenn noch höhere Mieten verlangt werden.

Davon ist mit Blick auf die in den Ballungsräumen fehlenden Wohnungen auch auszugehen. Um dem entgegenzuwirken, wird nicht nur die bislang kaum greifende Mietpreisbremse um eine Auskunftspflicht über die Vormiete ergänzt. Auf dem Wohngipfel hat man sich noch auf einen von 4 auf 6 Jahre verlängerten Betrachtungszeitraum beim Mietspiegel geeinigt, wodurch die ortsübliche Vergleichsmiete als Basis der Mietpreisbremse zusätzlich gedämpft werden soll. Falls diese Instrumente nun tatsächlich wirken, wäre den Mietern aber auch nicht geholfen. So könnte etwa die Zahl der Wohnungsnachfrager in den Städten noch steigen. Warum sollte man im Umland nach einer günstigen Wohnung Ausschau halten, wenn auch im Stadtzentrum kaum höhere Miete verlangt werden dürfen. Zudem könnten Investoren allmählich das Interesse am immer stärker regulierten Wohnungsmarkt verlieren und sich etwa stärker dem gewerblichen Immobilienmarkt zuwenden. Schließlich steigen auch bei den ebenfalls knappen Büros oder Logistikimmobilien die Mieten.

Aber was würde tatsächlich helfen? Das Wohnungsangebot wird vorläufig knapp bleiben, daran lässt sich auf kurze Sicht auch wenig ändern. Statt aber mehr Geld in den aufgeheizten Immobilienmarkt zu pumpen, wäre es besser, das Bauen einfacher und günstiger zu machen. Ansatzpunkte wären eine Entschlackung des Baurechts, schnellere Genehmigungsprozesse und eine gewisse Abkehr von teuren Vorgaben wie etwa bei der Energieeffizienz. Dazu finden sich im Beschlusspapier des Wohngipfels zwar vage Ankündigungen. Hier wäre aber ein forscheres Vorgehen notwendig, um die über viele Jahre geschaffene Flut von Vorschriften und Verordnungen wirksam zu optimieren. Ein großer und zudem kurzfristig realisierbarer Hebel ist die Grunderwerbsteuer, bei der in den vergangenen Jahren die Steuersätze kräftig heraufgesetzt wurden, zusätzlich gehebelt von den stark gestiegenen Kaufpreisen. Hier würden etwa Freibeträge für Erstkäufer eine spürbare Entlastung der Käufer bringen. Das würde vor allem in Städten mit schon sehr hohen Preisen zu einer spürbaren Entlastung führen. Ein Lichtblick des Gipfels ist, dass neben dem teuren und wenig effizienten sozialen Wohnungsbau auch die zielgenauere Förderung mittels Wohngeld aufgewertet werden soll. Auch sollen öffentliche Grundstücke besser für Bauvorhaben mobilisiert werden. Große Hoffnungen, dass das Wohnen in absehbarer Zeit günstiger wird, sollten sich Kauf- und Mietinteressenten aber nicht machen.


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