Anleiheankäufe der EZB im Zenit, aber noch lange nicht auf absteigendem Ast
Ab dem kommenden Jahr wird das Eurosystem keine Nettoneukäufe im Rahmen seiner Anleiheankaufprogramme mehr vornehmen und lediglich fällig werdende Wertpapiere reinvestieren. Auf den kommenden EZB-Sitzungen wird das Direktorium die Reinvestitionspolitik konkretisieren, wobei grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die EZB eine größtmögliche Flexibilität anstreben wird. Mit Blick auf die „beträchtliche Zeit“, in der die Reinvestitionen vollumfänglich fortgeführt werden sollen, ist allerdings noch nicht mit einer klaren Aussage zu rechnen. Zieht man jedoch Parallelen zum Agieren der Fed, könnte die EZB in etwa drei Jahre nach dem Ende der Anleihe-Nettoneukäufe mit ihrer Bilanzreduktion beginnen. Dies bedeutet jedoch im Umkehrschluss, dass das Eurosystem angesichts bedeutender Fälligkeiten bis auf Weiteres als stetiger Nachfrager in den betroffenen Anleihe-Segmenten erhalten bleibt.
Grundpfeiler der Reinvestitionen sollten wie schon bisher die Orientierung am Kapitalschlüssel der EZB und das Bestreben sein, möglichst keine Verwerfungen an den jeweiligen Märkten zu verursachen (Marktneutralität). Entsprechend ist mit keinen Änderungen an diesen Stellschrauben zu rechnen. Dies gilt auch für die Spekulation, die EZB könne längere Anleihelaufzeiten im Rahmen der Reinvestitionen übergewichten. Allerdings könnte es, um einem natürlichen Abbau der Portfoliorestlaufzeit entgegenzuwirken, notwendig sein, verstärkt Anleihen mit längerer Laufzeit zu kaufen. Es ist damit zu rechnen, dass dieser Nachfrage auch entsprechende Neuemissionen der europäischen Finanzagenturen entgegenstehen sollten. Die wahrscheinlichste Flexibilisierungsmaßnahme stellt die Lockerung der bisherigen Regelung dar, in welchem Zeitraum fällig werdende Anleihen reinvestiert werden müssen. Eine Erweiterung dieser Spanne würde helfen, anstehende Fälligkeits- und daraus resultierende Nachfragespitzen auszugleichen.
Der Bestandseffekt der EZB-Bilanz bleibt die zentrale beeinflussende Größe hinsichtlich der Anleiherenditen und der Risikoprämien. Unter dem Bestandseffekt versteht sich der Zusammenhang zwischen dem kumulierten angekauften Anleihevolumen und der hieraus resultierenden Rendite- und Risikoprämienveränderung. Angesichts eines bis auf Weiteres konstanten Bestandes an angekauften Anleihen dürften dessen Effekte damit weiter anhalten und deutlich ansteigenden Risikoprämien entgegenstehen. Dennoch ist vor allem seitens der forderungsbesicherten Anleihen (ABS), der Pfandbriefe und Unternehmensanleihen mit einem leichten Anstieg der Risikoprämien zu rechnen, da in diesen Segmenten das Eurosystem als besonders dominanter Nachfrager aufgetreten war.