Spanische Wirtschaft trotzt politischen Turbulenzen
Auf den andauernden Katalonienkonflikt folgte im Juni eine Regierungskrise. Der bisherige konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy wurde im Zuge eines weitreichenden Korruptionsskandals durch den Sozialdemokraten Pedro Sanchez in einem konstruktiven Misstrauensvotum ersetzt. Doch statt Neuwahlen auszurufen, versucht sich dieser in seiner Rolle als Ministerpräsident zu profilieren. Viel Gestaltungsfreiheiten hat er dabei nicht. Mit gerade einmal 84 Mandaten – von insgesamt 350 – ist es die kleinste Minderheitsregierung in Europa.
Folgen für die konjunkturelle Entwicklung hielten sich bisher durch den Regierungswechsel aber weitestgehend in Grenzen. Darauf weist nicht zuletzt die gute Entwicklung diverser Frühindikatoren hin. Auch eine Vorabschätzung der spanischen Notenbank lässt positiv aufhorchen. Demnach dürfte sich das Wachstum im zweiten Quartal bei hohen +0,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal stabilisiert haben.
Innenpolitisch wiegt der Katalonienkonflikt weiterhin schwer. Nach dem Wechsel der Zentralregierung Spaniens kündigte der neue Ministerpräsident Pedro Sanchez an, die Lage entspannen zu wollen. Vor kurzem trafen sich erstmals seit zwei Jahren wieder ein spanischer Regierungschef und ein katalanischer Regionalpräsident zum Dialog. Mit Ergebnissen wurde noch nicht gerechnet. Vielmehr diente das Treffen dazu, erste Entspannungssignale in dem recht verfahrenen Konflikt zu senden. In dem Gespräch betonten zwar beide Seiten erneut ihre Forderungen, gaben jedoch auch an, den Dialog aufrechtzuerhalten.
Auch wenn von den vielen Problemen, die in Spanien unterschwellig schwelen, momentan kaum etwas in den Konjunkturindikatoren abzulesen ist, drängt die Zeit wichtige wirtschaftspolitische Probleme anzugehen. Darauf wies zuletzt auch wieder die EU-Kommission in ihrem kürzlich veröffentlichten "Post-Surveillance"-Bericht für Spanien hin. In diesem wurde dem Land zwar eine merkliche Dynamik im Wirtschaftswachstum bescheinigt, zugleich wird auf altbekannte Baustellen, wie beispielsweise die hohe Arbeitslosigkeit oder die große Staatsverschuldung, hingewiesen.
Insgesamt dürfte das Wirtschaftswachstum weiterhin von einem robusten Schub bei den Investitionen sowie einer soliden Dynamik von den privaten Haushalten im Zuge der Erholung am Arbeitsmarkt profitieren. Allerdings weist die Indikatorenlage auf ein allmählich dünner werdendes Fundament hin. Somit ist in der zweiten Jahreshälfte durchaus mit einer langsameren Gangart beim Wirtschaftswachstum zu rechnen. Für das Jahr 2018 sollten aber weiterhin starke 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr möglich sein, was deutlich oberhalb der Prognose für den Euro-Raum von 1,9 Prozent liegt.