„Blockchainisierung“ des Euro


  • „Stable Coins” sind der Versuch, die Vorteile der Blockchain-Technologie mit der Wertstabilität von Euro, US-Dollar oder Yen zu kombinieren.

  • Vereinfacht handelt es sich um Kryptowährungen, die zu 100% durch eine gängige Fiat-Währung (oder einen anderen Basiswert) gedeckt sein sollen.

  • Zwar müssen sich die in Aussicht gestellten Vorteile noch als zutreffend erweisen, vielversprechend ist der Ansatz aber durchaus.


Wie lassen sich die Vorteile der Blockchain-Technologie mit der Stabilität von Fiat-Währungen wie Euro, US-Dollar oder Yen kombinieren? Die Antwort auf diese Frage halten sowohl Vertreter aus der traditionellen Finanzbranche als auch aus der „Crypto-Community“ für zentral, wenn es um die Zukunft der Kryptowährungen geht. Schließlich ist die enorme Volatilität dieser Währungen, die selbst bei den prominentesten Vertretern Bitcoin, Ether oder Ripple zu beobachten ist, eine zentrale Schwachstelle, insbesondere mit Blick auf das Vertrauen sowie die breite Akzeptanz in der Öffentlichkeit und bei Unternehmern. Zentralbankgeld in digitaler Form für die breite Masse der Bevölkerung könnte dieses Problem zwar grundsätzlich lösen. Aufgrund des nach ihrer Ansicht fehlenden Bedarfs sowie der damit einhergehenden potenziellen Risiken für die Stabilität des bestehenden Finanzsystems tun sich die etablierten Notenbanken allerdings schwer, entsprechende Schritte zu ergreifen.

„Stable Coins“ – die Kombination aus Wertstabilität und Kryptowährung

Einen privaten und durchaus vielversprechenden Ansatz stellen sogenannte „Stable Coins“ dar. Vereinfacht handelt es sich hierbei um Kryptowährungen bzw. -token, die zu 100% durch eine gängige Fiat-Währung (oder einen anderen Basiswert wie beispielsweise Gold) gedeckt sein sollen. Manche sprechen in diesem Zusammenhang von einer „Verbriefung“ traditionellen Geldes. Neue Token-Einheiten werden folglich nur geschaffen, wenn diese mit dem entsprechenden Basiswert erworben werden. Eine Auszahlung geht mit der Vernichtung von Kryptotoken einher. Durch die hierdurch gewährleistete vollumfängliche Deckung soll die Kryptowährung wertstabil zum jeweiligen Basiswert sein, sei es nun der US-Dollar oder der Euro.

Jüngere Anbieter scheinen dabei aus den Erfahrungen mit dem Branchen-Vorreiter „Tether“ gelernt zu haben. Zwar ist dieser 2014 an den Start gegangene Kryptotoken mit einer Marktkapitalisierung von rund 2,6 Mrd. USD weiterhin der bedeutendste seiner Art. In den vergangenen Monaten wurden allerdings immer wieder Zweifel an der hundertprozentigen USD-Deckung laut, die das zugehörige Unternehmen bis heute nicht gänzlich ausräumen konnte. Zudem steht der Vorwurf im Raum, Tether könnte dazu genutzt worden sein, den Bitcoin-Kurs künstlich nach oben zu verzerren. Neuere Emittenten von Stable Coins, darunter TrueUSD und der USD-Coin, dessen Start für diesen Sommer angekündigt ist, setzen daher auf eine enge Zusammenarbeit mit Regulierungsbehörden sowie Transparenz hinsichtlich der zugrundeliegenden Vermögenswerte.

Die meisten bekannten Stable Coins sind zwar US-Dollar-gedeckt. Kürzlich wurde jedoch bekannt, dass das Fintech-Unternehmen STASIS mit Sitz in Malta Ende Juni einen auf der europäischen Gemeinschaftswährung basierenden Token auf den Markt bringen wird – und dies im Einklang mit den hiesigen Regulierungsvorschriften und kontrolliert durch eine bekannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Über diesen Token, den EURS, sollen dabei nicht nur rasche Transfers zwischen Kryptowährungen oder in traditionelle Fiat-Währungen möglich sein. Laut Anbieter kann darüber hinaus jedes Wertpapier, das über eine Internationale Kennnummer (ISIN) verfügt, in EURS konvertiert werden.


Befürworter setzen darauf, dass Stable Coins früher oder später im Alltag der Menschen ankommen und für die üblichen Einkäufe genutzt werden. Schließlich könnten diese die Möglichkeit bieten, einfach, schnell, kostengünstig, sicher und über Landesgrenzen hinweg Finanztransaktionen durchzuführen, ohne dabei dem Risiko enormer Kursschwankungen wie bei Bitcoin & Co. ausgesetzt zu sein. Für Investoren, die auf steigende Kurse von Kryptowährungen setzen, sind Stable Coins zwar auf den ersten Blick uninteressant. Auf den zweiten Blick könnten diese jedoch einen Zufluchtsort in unsicheren Marktphasen darstellen oder genutzt werden, um Liquidität vorzuhalten.


Fazit

Die sogenannten Stable Coins versuchen, die Stabilität der weltweit bedeutendsten Währungen und das ihnen entgegengebrachte Vertrauen mit den technologischen Vorteilen der Blockchain-Technologie zu kombinieren. Dabei spielen eine enge Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden und Transparenz hinsichtlich der Existenz des hinter einem Stable Coin stehenden Deckungsvermögens eine entscheidende Rolle. Inwieweit sich die vonseiten der privaten Emittenten gemachten Versprechungen hinsichtlich Effizienzgewinn, Sicherheit, Kosten- und Zeitersparnis bei Finanztransaktionen, nicht nur zwischen Kryptowährungen, sondern gerade auch mit Blick auf den traditionellen Wertpapierbereich, als richtig erweisen, bleibt zwar abzuwarten. Einen vielversprechenden Ansatz, um auch traditionellen Investoren den Einstieg in den Kryptowährungsmarkt zu ermöglichen oder den Zahlungsverkehr effizienter zu gestalten, stellen diese allerdings durchaus dar. Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg eines Stable Coins ist hierbei zweifelsohne der Aufbau und Erhalt von Vertrauen, ähnlich wie dies für eine Zentralbank der Fall ist. Eingefleischte Kryptowährungs-Befürworter dürften Stable Coins hingegen, wenn überhaupt, lediglich als ersten Schritt in die richtige Richtung ansehen. Schließlich kann von einer oftmals geforderten Ablösung des bestehenden Geld- und Finanzsystems mit Zentralbanken und Regulierungsbehörden keine Rede sein.

 


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